Tullia lacht nicht mehr,
sondern schweigt und denkt:
"Das Geschrei nützt
nichts. Theophilus ist ein Dummopf!"
Das Studium macht nicht
immer Spaß.
Die Arbeit macht nicht
immer Spaß.
Was macht Spaß?
Nichts tun macht Spaß.
Lektion 2
Quintus besucht Marcus
Marcus Tullius Cicero ist
Senator.
Daher geht er oft ins
Rathaus und auf den Marktplatz.
Aber heute bleibt er zu
Hause.
Denn er erwartet Quintus.
Quintus ist der Sohn
seines Bruders.
Er kommt gerne zum
Senator.
Das Essen ist immer sehr
gut.
Quintus grüßt Marcus
Tullius Cicero.
Marcus freut sich, denn
er mag den Jungen sehr.
Bald darauf bringt der
Diener das Essen.
Quintus isst Salat, Fisch
und Brot.
Der Junge trinkt Wasser,
Marcus Wein.
Marcus fragt Quintus:
"Was lehrt der Lehrer?
Lehrt er gut?"
Quintus hört nicht. Er
isst Brot, er isst Hühnchen.
Aber nach dem Essen zeigt
der Junge die Tafel und liest.
Dann isst er einen Apfel.
Marcus schreibt zu seinem
Bruder Quintus;
denn sein Bruder
verwaltet die Provinz.
"Dein Sohn Quintus lernt
gut; schreibt gut; liest gut; aber er isst am besten."
Lektion 3
Syrus in der Subura
Abends schreibt Marcus,
der Senator einen langen Brief.
Er schreibt an T.
Pomponius Atticus, seinen Freund.
Dann ruft er Syrus.
Syrus ist ein treuer
Diener; daher muss er den Brief zu Pomponius bringen.
Syrus freut sich nicht;
denn er ist ängstlich, und die Nacht erschreckt ihn.
Außerdem muss er durch
die Subura, einem gefährlichen und dunklen Ort gehen.
Aber es ist Vollmond.
Zuerst ist der Weg breit,
aber bald ist er schmal.
Der Stadtteil schläft.
Syrus ist allein.
Plötzlich sieht er hinter
sich einen großen Schatten.
Der Schatten nähert sich.
Der Sklave hat Angst.
Daher fängt er an zu
rennen. Auch der Schatten rennt.
Syrus fürchtet sich mehr
und mehr: Er rennt und rennt...
Schließlich kann er nicht
mehr rennen.
Er erwartet einen Schlag.
Er erwartete sein Ende,
...aber es geschieht
nichts. – Plötzlich fängt Syrus an zu lachen...
Lektion 4
Auf dem Lande
Gnaeus Cornelius besucht
heute sein Landgut.
Felicio der Gutsverwalter
begrüßt den Herrn.
Dann betrachten sie den
Garten, den Weinberg, den Wald und die Äcker.
Sie gehen herum und sehen
viele Sklaven und viele Mägde.
Alle arbeiten.
Die einen graben den
Garten um, die anderen pflügen die Äcker.
Die einen fällen die
Bäume, die anderen sammeln Trauben oder Oliven.
Einige befestigen die
Straße.
Die Mägde bereiten das
Essen.
Alle sind sehr fleißig,
als sie den Herrn sehen.
Aber Davus ein Sklave
sieht nichts, denn er schläft.
Denn der alte Mann ist
krank, und die Anstrengungen sind groß.
Gnaeus schreit sehr.
Er tadelt den
Gutsverwalter, er schlägt den Sklaven.
Später wird Davus in
Ketten gelegt.
Heute ist Gnaeus nicht
zufrieden.
Gnaeus: "Warum sind die
Sklaven so faul?"
Felicio: "Sie sind nicht
faul aber einige sind nicht gesund."
Gnaeus: "Warum sind die
Bäume und Oliven und Trauben so klein?"
Felicio: "Schlechtes
Wetter..."
Am folgenden Tage machen
der Herr und der Gutsverwalter eine Versteigerung:
Sie verkaufen Äpfel und
Wein und Oliven und Bäume.
Sie verkaufen sogar eine
kranke Sklavin und Davus, den alten Sklaven.
Lektion 5
Ein Tag im Leben eines
vornehmen Römers
Wenn Plinius in seinem
Landhaus ist, wacht er meistens zur ersten Stunde auf, aber bleibt noch im
Bett und denkt viel nach.
Bald darauf ruft er den
Sekretär.
Der Sklave kommt mit der
Tafel.
Plinius diktiert, der
Sklave schreibt mit viel Sorgfalt.
Zur vierten oder fünften
Stunde geht Plinius im Garten spazieren, immer denkt er nach, immer diktiert
er.
Dann schläft er ein wenig.
Später liest er mit
lauter Stimme eine griechische oder lateinische Rede.
Er geht spazieren, übt
sich und wäscht sich mit kaltem Wasser.
Oft kommen Freunde aus
den benachbarten Landhäusern.
Zur elften Stunde isst
der Herr mit seiner Ehefrau und seinen Freunden.
Plinius erzählt:
Er beabsichtigt eine
Bibliothek zu stiften und das Volk mit viel Geld zu unterstützen.
Das Essen zieht sich hin
mit gelehrten und fröhlichen Gesprächen.
Aber heute ist Plinius
nicht frei von Sorgen.
Zosimus, der
Freigelassene ist krank.
Plinius mag den
Freigelassenen sehr,
er ist nämlich gelehrt
und treu.
Daher schreibt der Herr
einen Brief an seinen Freund:
"Zosimus braucht eine Kur
und eine Luftveränderung.
Daher möchte ich den
Freigelassenen auf dein Landgut schicken..."
Lektion 6
In der Großstadt Rom
Marcia: Hallo Nachbar!
Sei gegrüßt.
Lucius: Hallo Marcia, sei
auch du gegrüßt! Was machst du?
Marcia: Ich? Ich mache
nichts. Ich bin sogar noch nach der Nacht ermüdet.
Lucius: Sogar ich kann
nicht in diesem Wohnblock schlafen. Immer Geschrei...
Marcia: In der Nacht
arbeiten die Bäcker mit viel Lärm und hindern uns am Schlaf.
Lucius: Wir hörten nicht
nur die Bäcker. Hörst du denn nicht auch die Karren, die nachts immer Bauholz
durch den Stadtteil transportieren?
Marcia: Ich höre...
Lucius: Oder ein Dieb
überfällt in einer dunklen Straße irgend jemanden. – Der Arme schreit. Ich
kann nicht helfen. – Bin ich etwa Hercules?
Marcia: Und dieser
Theophilus! Schon zur ersten Stunde bricht er mit wütenden Worten das
Schweigen, er schlägt die Schüler mit einem Rohrstock. Höre: Wieder schreien
Schüler.
Tiberius: (er schaut
neben Marcia aus dem Fenster) Sei gegrüßt Lucius! Dieser Lehrer! Dieses
Geschrei! (er ruft mit lauter Stimme) He du, Theophilus! Schicke deine Schüler
weg, schweig! Hörst du etwa nicht?
Lucius: (er schreit) Ihr
Lehrer! Warum schreit ihr immer? Geht oder schweigt! Ihr seid lästig!
(Das Volk geht schon
schnell durch die Straßen.)
Marcia: Dort geht Titus.
– Aber siehe dort seinen Nachbar Clodius. Dieser Clodius gießt seinen
Nachttopf vom Fenster herab in die enge Straße aus! Nimm dich in Acht, Titus!
Lucius: Ich höre schon
die fleißigen Handwerker arbeiten. Siehe: Händler gehen herum und loben mit
lauter Stimme ihre Weine und ihre Fische.
Tiberius: Auch wir müssen
arbeiten, Lucius! Geh mit mir mit!
Marcia: Auch mich ruft
mein Speiselokal zum Arbeiten. Da! Jetzt bringt der Sklave Davus die Fische.
Besuchst du uns nach der Arbeit, Lucius? Wir laden dich ein, mit uns zu essen!
Lucius: Ich esse gerne
mit euch, Marcia. Ich danke. Ich bringe Wein mit. – Komm mit mir, Tiberius!
Leb wohl, Marcia!
Lektion 7
Sport und Spiele
Quintus: Kommst du mit
mir auf das Feld des Mars, Publius?
Quintus: Das ist ein
großes Feld, wo junge Männer der Stadt sich trainieren. Komm!
Publius: Was tust du auf
diesem Marsfeld?
Quintus: Ich treffe meine
Freunde, die Söhne der anderen Senatoren. Wir rennen, wir machen Hoch- und
Weitsprung, oft reiten wir auch und wir machen Ringkämpfe.
Publius: Ich mag weder
Rennen, noch Springen, noch Reiten, noch Ringen. Mir gefällt es nicht zu
kämpfen.
Quintus: (lacht) Du
fürchtest dich wohl vor einer Niederlage?
Publius: Ich habe keine
Angst vor einer Niederlage, aber... ich bin faul.
Quintus: Ich lobe nicht.
– Spielst du nicht einmal Ball? Alle Römer spielen Ball.
Publius: Ball spielen
macht mir auch keinen Spaß.
Quintus: Aber was machst
du, wenn du Freizeit hast?
Publius: Ich spiele mit
meinen Brüdern oder mit Freunden. Wir spielen mit einem Würfel oder Nüssen.
Manchmal schlagen wir sogar den Reifen.
Quintus: Das sind Spiele
für Jungen oder Mädchen! Das sind keine Spiele für junge Männer, keine Spiele
für zukünftige Soldaten, keine Spiele für den Sohn eines Senators.
Publius: Das sind
angenehme Spiele und sie ermüden nicht.
Quintus: Ihr seid
wirklich faul, wenn ihr nichts anderes tut, wenn ihr euch nicht einmal in der
Ringerschule trainiert.
Publius: Trainieren sich
nicht etwas auch junge Mädchen auf dem Marsfeld?
Quintus: Es ist nicht
Sache der Mädchen sich zu trainieren. Es ist Sache der Mädchen und jungen
Mädchen für das Landhaus zu sorgen, die Mutter zu unterstützen, Essen zu
bereiten und zu spinnen.
Publius: Spinnen??
Quintus: Zum Beispiel. –
Aber komm trotzdem mit mir. Du kannst es dir wohl ansehen. Oder ermüdet dich
sogar zusehen?
Lektion 8
Ein Tag in den Thermen
Quintus liebt es durch
die Straßen der Stadt zu spazieren. Er betritt die enge Straße. Plötzlich
sieht er Titus. Quintus hört den Freund aus dem Fenster rufen: "Hallo du,
Quintus! Warum gehst du spazieren? Musst du etwa nicht lernen?" Quintus sagt:
"Theophilus, der Lehrer ist krank." Titus sagt: "Wirklich? – Was gedenkst du
zu tun? Wohin gehst du?"
Quintus sagt: "Ich
gedenke nichts zu tun, aber wenn es beliebt, geh mit mir in die Thermen!"
Titus sagt: "Das ist gut,
Quintus, denn ich weiß, dass die Jungen heute umsonst eintreten."
Quintus sagt: "Bestens! –
Komm!"
Sie betreten die Thermen.
Sie legen die Kleidungsstücke in den Umkleideraum. Sie befehlen einem Sklaven,
ihre Kleidungsstücke gut zu bewachen. Zuerst betreten sie die Sporthalle. Sie
sehen, dass die Sporthalle voll von Männern ist. – Und hören es, denn das
Geschrei der verschiedenen Stimmen erfüllt ihre Ohren.
Hier spielt eine Schar
Männer mit großen Geschrei Ball: Sie hören, dass sich die Männer über das
Spiel streiten. Dort schleudern junge Männer ihre mit Bleigewichten
beschwerten Arme mit viel Gestöhne. Dort hören die Freunde, dass der
Ballspieler die Bälle zählt. Überall sehen sie, dass Verkäufer herumgehen und
sie hören, dass sie mit kreischender Stimme ihr Gebäck, ihre Wurst und ihre
Weine loben.
Quintus flieht bald aus
der Sporthalle und vor dem Geschrei in den warmen Raum mit dem warmen
Wasserbecken. Er sieht, dass dort wenige Männer sind. Er freut sich, dass
überall Stille ist. Das warme Wasser erfreut ihn. Später kommt Titus. Er
erzählt, dass einige Freunde im Kaltwasserschwimmbecken schwimmen. Titus und
Quintus sehen, dass die Freunde fröhlich sind. Sie springen ins kalte Wasser
und grüßen die Freunde. Sie schwimmen lange. Bis zum Abend schwitzen sie mal
in der Sauna, mal schwimmen sie im Kaltwasserschwimmbecken, mal spielen sie
mit ihren Freunden in der Sporthalle Ball.
Plötzlich sieht Quintus,
dass M. Tullius mit den anderen Senatoren die Thermen betritt.
Er flüchtet in den
Umkleideraum. Er schnappt seine Kleidung. Er rennt nach Hause.
Lektion 9, Text 1
Wachdienst am Limes
Sibbaeus: Ist dir die
Wache etwa nicht lästig, Licaius?
Licaius: (vom Turm) Sie
ist es, Sibbaeus. Ich vermisse Mainz. Dort ist das Leben angenehm....! Hier
beobachten wir Tag und Nacht Felder und Wälder und keine Sache (nichts)
passiert.
Sibbaeus: Die Wache
ermüdet auch mich. Am Abend rücken uns schließlich die anderen auf dem
Wachposten nach. Aber morgen ist Festtag. Daher haben wir heute beim Grenzwall
Markt. Zur vierten Stunde des Tages kommen Soldaten und Frauen aus dem
Stadtteil hierher. Germanische Händler sind mit Karren da und zeigen und
verkaufen den Soldaten und Frauen viele Sachen.
Licaius: Es ist gut. Ich
erwarte die vierte Stunde und die Germanen.
Später nähert sich ein
Schar Germanen mit Karren dem Grenzwall und dem Tor des Grenzwalls. Auch
Soldaten und Frauen vom Kastell und vom Dorf sind da.
Sibbaeus: Halt, Germane!
Euch Germanen ist es nicht erlaubt, das Römische Reich zu betreten.
Blussus der Germane:
(lacht) Was fürchtest du Römer? Wir sind euch nicht feindlich gesinnt. Da, die
guten Gänse und andere gute Sachen. Schau! Gefallen sie dir etwa nicht? –
(Sibbaeus betrachtet die Gänse.)
Licaius: (ruft vom Turm
herab) Hör zu, Sibbaeus! Ich melde dir eine erfreuliche Sache: Ich sehe, dass
Rusufula mit deinem Söhnchen Iustinus kommt.
Sibbaeus: Sei gegrüßt
mein Iustinus! Sei gegrüßt, Rusufula! Sieh! Der Junge lacht. Ich glaube, dass
die große Menschenmenge meinem Iustinus gefällt. – Hast du Geld, Rusufula?
Rusufula: Ich habe kein
Geld, mein Sibbaeus.
Sibbaeus: Da, ein Denar.
Kauf eine große Gans! Denn wir essen immer gut an Festtagen. Am Festtag werden
wir auch den an der Mosel angebauten Wein probieren.
Lektion 9, Text 2
Eine unruhige Nacht
Sibbaeus wacht mit
einigen Soldaten am Wachposten. Alle beobachten vom Turm herab das Feld und
den Wald.
Plötzlich sagt Sibbaeus:
"Hörst du das Geräusch, Licaius?" – Licaius hört nichts. Dann erscheint der
Vollmond zwischen den Wolken. Der Mond gereicht den Römern zum Heil, jedoch
den Räubern zum Verderben, denn die Soldaten sehen vom Turm herab, dass Männer
die Pfahlreien übersteigen.
Licaius: "Sind die Männer
Germanen, Sibbaeus?" Sibbaeus antwortet: "Ich vermute jedenfalls, dass die
Männer Räuber sind."
Sibbaeus befiehlt Licaius
Fackeln anzuzünden. Sibbaeus sieht, dass auch in den benachbarten Türmen
Soldaten Fackeln anzünden und Signale bis zum Kastell geben. Bald darauf sind
Soldaten vom Kastell da. Sibbaeus befiehlt den Soldaten, den Räubern eine
Falle zu bereiten.
So tun sie es, sie
überfallen die mit der Beute zurückkehrenden Männer. Die Räuber lassen die
Beute zurück, die einen übersteigen die Pfahlreie, die anderen fliehen, die
Soldaten fangen die anderen.
Sibbaeus: "Führ die
Räuber zum Präfekt! Es wird den Räubern übel ergehen."
Lektion 10, Text 1
Gladiatorenkämpfe
Lucius: Seid gegrüßt,
Sextus und Aulus! Wohin geht ihr?
Sextus: Sei gegrüßt
Lucius! Wir gehen ins Amphitheater. Komm mit uns. Heute veranstalten die
Beamten einen Gladiatorenkampf.
Lucius: Mir gefällt der
Gladiatorenkampf sehr, aber ich bedaure, ich habe keine Freizeit.
Daher gehen Sextus und
Aulus ohne Lucius ins Amphitheater.
Im Amphitheater sind
jetzt viele Menschen da, sie lachen, sie rufen.
Denn Römer mögen
Gladiatorenkämpfe sehr.
Anfangs kämpft ein
Gladiator mit einem Löwen.
Der Mann nähert sich
vorsichtig dem Löwen. – Das wilde Tier weicht zurück, dann brüllt es mit
großem Zorn.
Plötzlich greift es den
Mann an, es verwundet ihn, töte ihn.
Die Menschenmenge freut
sich. Die Sklaven schleppen den zerfleischten Körper aus der Arena.
Dann gehen zwei
Gladiatoren in die Arena herein.
Der Retiarius ist mit
einem Netz und einem Dreizack, der Thrax mit einem Schwert bewaffnet.
Der Retiarius fängt an,
den Thrax ins Netzt einzuwickeln.
Aber der Thrax befreit
sich und trifft den Retiarius mit dem Schwert.
Sextus und Aulus sehen,
dass viel Blut aus den Wunden heraus fließt.
Dennoch ist die
Menschenmenge nicht zufrieden:
"Greif an! Greift an!
Töte! Tötet! – Warum seid ihr so ängstlich? – Warum geht ihr nicht gern in den
Tod?"
Die Gladiatoren kämpfen
lange. – Schließlich tötet der Retiarius den Thrax.
Die Menschenmenge freut
sich sehr, sie ruft immer wieder den Retiarius mit seinem Namen - und sie
fordert neue Kämpfe.
Aulus: Ich gehe fort. Leb
wohl, Sextus!
Sextus: Warum gehst du
fort?
Aulus: Ich verabscheue
ein so großes Blutbad.
Sextus: Du bist dumm.
Weißt du denn nicht, dass Gladiatoren schlechte Menschen sind? Sie sind Diebe,
Verbrecher und Mörder. Sie sind des Todes würdig.
Oh Zeiten, oh Sitten!
Lektion 10, Text 2
Alypius und die
Gladiatorenkämpfe
Einige Freunde laden
Alypius immer wieder ein:
"Komm mit uns ins
Amphitheater und betrachte den Gladiatorenkampf!" Aber Alypius verabscheut die
Grausamkeit und das Morden. Die Freunde führen Alypius zu den Spielen, dennoch
denkt er sich: "Auch wenn sie meinen Körper ins Amphitheater schleppen, meinen
Geist und meine Augen können sie nicht zu den Spielen zerren."
Schließlich gehen sie ins
Amphitheater herein. Alypius schließt seine Augen, er kann seine Ohren nicht
schließen: Plötzlich tritt der Geschrei des Volkes durch Alypius Ohren.
Alypius öffnet die Augen, er sieht das Blut des Gladiators. Plötzlich kann er
sich nicht mehr von der Grausamkeit des Spiels befreien. Schließlich ruft er
mit der Menge, er fordert das Morden.
Am folgenden Tage geht er
nicht nur allein mit seinen Freunden zurück, sondern er schleppt auch andere
mit sich.
Lektion 11, Text 1
Ein Familienkrimi
In alten Zeiten war
Numitor der König von Alba Longa, der Stadt der Latiner. Aber Amulius, der
Bruder, trieb Numitor in die Verbannung. Er tötete die Söhne des Bruders; Er
befahl, dass die Tochter mit Namen Rea Silvia Priesterin der Vesta sein
sollte. So konnte er nämlich die Frau daran hindern zu heiraten. Dennoch war
Rea Silvia ein wenig später Mutter von den Zwillingen Romulus und Remus.
Sie sagte, dass der Vater
der Jungen der Gott Mars sei.
Amulius befahl, weil er
sie als zukünftige Rächer seiner Verbrechen fürchtete, einem Sklaven, die
Jungen ins Wasser des Tibers zu werfen. Aber eine große Wölfin fand die Jungen
am Ufer des Tibers und nährte sie. Später rettete Faustulus, ein Hirte, die
Zwillinge. Er trug sie nach Hause und zog sie mit seiner Ehefrau Larentia auf.
Lektion 11, Text 2
Numitor erzählt
Einst führten meine
Sklaven einen jungen Mann zu mir und sagten: "Dieser junge Mann drang mit
anderen bewaffneten in deine Felder ein, Herr. Wir haben ihn und einige andere
gefangen genommen." Ich fragte: "Warum bist du in meine Felder eingedrungen?
Ist es wahr, dass ihr mit meinen Sklaven gekämpft habt?" – Jener: "Wir sind
nicht feindlich gesinnt, Numitor, deine Sklaven irren sich; denn ich und mein
Zwillingsbruder kämpften niemals mit deinen Sklaven, sondern immer mit
Räubern." Ich betrachtete den tapferen, jungen Mann, staunte, verglich das
Alter des jungen Mannes mit den Jahren, die seit der Geburt der Zwillinge
vergangen waren, ich fragte: "Du hast gesagt, dass ihr Zwillinge seid?" Ich
fragte nach dem Vater und der Mutter der Zwillinge. Plötzlich drang ein
anderer junger Mann mit bewaffneten Männern in das Landhaus ein. Sie erfüllten
mich mit großer Angst, aber jener rief mit lauter Stimme: "Sei gegrüßt König
Numitor! Sei gegrüßt, Großvater! Ich bin Romulus, hier siehst du Remus, meinen
Zwillingsbruder, Ich habe geglaubt, dass Remus in Gefahr sei. Daher bin ich
da."
Lektion 11, Text 3
Eine Stadtgründung unter
schlechten Vorzeichen
Etwas später wünschten
sich die Brüder eine neue Stadt zu gründen. Aber sofort gab es Streit: Wer
wird Herr und König der Stadt sein? Romulus: "Wir wollen die Sache mit einer
Vogelschau entscheiden, Remus! Wir wollen die Vögel beobachten, ich mit meinen
Freunden in Palatius, du mit deiner Schar in Aventius! Wer mehr Vögel sieht,
wird König sein!"
Remus erschienen sechs
Vögel. Daher riefen Remus Freunde: "Nun haben die Götter die Sache
entschieden: Sei gegrüßt König Remus!"
Aber etwas später eilte
Romulus mit seiner Schar herbei: "Mir sind zwölf Vögel erschienen. Ich bin der
König!" Dann kämpften die Brüder und Freunde der Brüder mit Worten und Waffen.
Schließlich tötete Romulus seinen Bruder.
Romulus gründete eine
neue Stadt und nannte sie Rom.
Lektion 12, Text 1
Die Hochzeit von Peleus
und Thetis
Peleus feierte mit
Thetis, der Göttin, Hochzeit. Fast alle Göttinnen und Götter waren eingeladen.
Die Göttin Discordia war als einzige nicht von Jupiter eingeladen worden, die
übrigen mochten diese Göttin nämlich nicht, weil sie immer Eintracht und
Friede störte. Die Götter aßen, tranken Ein, hatten fröhliche Gespräche,
sangen mit lauter Stimme, als Discordia eintrat, einen goldenen Apfel in die
Mitte der Götter warf und sofort entfloh.
Die Göttinnen und Götter
betrachteten den Apfel. Auf ihm war eingraviert: Für die Schönste.
Sofort sagten Iuno,
Iuppiters Ehefrau und Minerva, Iuppiters Tochter und Venus, die Göttin der
Liebe: "Ich bin die Schönste!"
Iuppiter versuchte den
Streit zu schlichten: "Alle Göttinnen sind schön, alle sind auch die
schönsten."
Aber die Göttinnen hörten
nicht, immer wieder riefen sie: "Ich bin die Schönste!"
Iuppiter sagte
schließlich entnervt: "Paris ist der schönste Mann der Welt! Daher soll er
Schiedsrichter sein!"
Lektion 12, Text 2
Paris erzählt
Ich saß auf einem Hügel
nahe bei Troja gelegen, betrachtete die Felder, dachte nichts, als Mercurius,
der Bote der Götter mit drei schönen Göttinnen erschien.
Mercurius sagte: "Sei
gegrüßt, Paris! Iuppiter schickte mich. Denn Iuno, Minerva und Venus haben
einen Streit: Welche Göttin ist die schönste?
Wir Götter konnten den
Streit nicht schlichten, daher sind wir zu dir gekommen. Du sollst
Schiedsrichter sein!" Und er gab mir einen goldenen Apfel, den ich der
schönsten Göttin geben sollte.
Ich schwieg und
betrachtete die Göttinnen. Alle waren schön, alle gefielen mir. Aber ich
zögerte: Warum suchten die Götter mich auf, den Hirten Paris? Verspotteten sie
mich etwa?
Plötzlich sagte Iuno,
Iuppiters Gattin: "Liebst du denn nicht die Macht? Träumst du denn nicht,
Hirte, König zu sein?
Gib mir den Apfel, Paris,
und du wirst die Königsherrschaft über die ganze Welt haben."
Und Minerva, die Göttin
des Krieges sagte: "König zu sein ist lästig, als König muss man immer Feinde
fürchten. Gib mir den Apfel, mein Paris, und in allen Kriegen und Gefahren
wirst du immer den Sieg haben. Du wirst ewigen Ruhm haben."
Ich dachte mir: Auch ich
liebe Macht und den Sieg und Ruhm sehr. Aber was gefällt mir mehr?
Dann sagte Venus: "Macht,
Siege und Ruhm werden dich nicht glücklich, sondern allein machen. Daher hör,
liebster Paris: Gib mir den Apfel. Ich bin die Göttin der Liebe. Ich, die
schönste Göttin, verspreche dem schönsten Mann der Welt die schönste Frau der
Welt."
Sofort gab ich Venus den
goldenen Apfel.
Lektion 13
Helena begrüßt Paris
Du hast mir geschrieben,
dass du mich liebst.
Du hast geschrieben, dass
du deine Liebe nicht mehr verbergen kannst.
Du wünschst, mich zu
treffen, mich sogar von Sparta nach Troja zu entführen.
Oh du Armer!
Du wagst es, die Treue
der Frau des Menelaus herauszufordern!
Fürchtest du denn nicht
den Zorn des Königs der Spartaner?
Dieser jedenfalls hat
dich als Gast aufgenommen,
dir das Königreich
gezeigt und alle Sachen erklärt.
Du hast mit ihm und
seiner Frau gegessen und seine Gastfreundschaft genossen.
Nun verlässt Menelaus
Sparta auf Grund eines Geschäftes und sofort hast du vor, Untreuer, ihn zu
betrügen?
Schämst du dich denn
nicht deines Verrates?
Du hast mir geschrieben,
dass ich die schönste Frau auf dem Erdkreis bin.
Glaubst du etwa, dass
schöne Frauen leichtfertig sind?
Meinst du etwa, dass
diese untreu und schamlos sind?
Oh, ich Arme!
Dennoch bin ich nicht
erzürnt.
Wer zürnt nämlich denen,
welche Lieben – wenn die Liebe wahr ist?
Aber ich glaube nicht,
dass deine Liebe war ist.
Du hast mir das
zukünftige Leben dargelegt:
Dass Troja eine große und
reiche Stadt ist;
dass das Leben angenehm
ist, frei von Sorgen, glücklich.
Männer versprechen immer
das Blaue vom Himmel,
aber das Gedächtnis ist
schlecht,
oft sind die Worte leer.
Aber glaube mir:
Ich kümmere mich weder um
Reichtum, noch um das angenehme Leben,
obwohl das Leben in
Sparta oft hart ist.
Wenn ich in dein Troja
ginge, würde ich es tun, weil du mir gefällst:
Du bist schön.
Oh ich Arme!
Oh du Armer!
Warum konntest du nicht
früher nach Sparta kommen?
Ich kann dich noch nicht
heimlich treffen, aber vielleicht...
Ich schickte dir einen
Brief durch Aethra, einer Sklavin;
wenn du wünschst zu
antworten, übergib ihr deinen Brief.
Ihre Treue ist
zuverlässig.
Lektion 14
Im Bauch des Pferdes
Idomeneus: Hört! Die
Trojaner singen! – Wir haben sie getäuscht. Die List gelingt gut. Sie singen,
sie rufen, sie feiern den Sieg.
Ulixes: Schweig! Du
verrätst uns mit deiner lauten Stimme, wir siegen noch nicht.
Idomeneus: (leise) Ist es
nicht erlaubt, sich zu freuen? Wir glauben, jetzt im Forum von Troja zu sein.
Aber du sagst die Wahrheit. Wir müssen vorsichtig sein. Wir waren in großer
Gefahr. Diese verfluchte Cassandra!
Menelaus: Cassandra!! –
Die Trojaner haben das Pferd in die Stadt gezogen. Obwohl Cassandra immer
wieder gefordert hatte: "Schmeißt das Pferd ins Meer, schmeißt es ins Meer!"
Dann hasstest du mich, Ulixes. – Du und deine Klugheit! Ich will dich nicht
mehr sehen!
Ulixes: Hat meine List
etwas nicht gesiegt? Aber ihr besonders euer Achilles, hattet vor allein mir
euren Waffen und eurer Kraft des Körpers zu kämpfen.
Idomeneus: Achilles ist
tot, hör auf ihn zu beschimpfen, du gottloser!
Menelaus: Hört auf zu
streiten! Noch hat Sino kein Zeichen kein Zeichen gegeben, noch haben wir
Troja nicht erobert.
Ulixes: Wir werden Troja
erobern. Die Trojaner sind dumm, weil sie Sino geglaubt haben. Er hat ihnen
nämlich gesagt, dass wir Griechen Troja verlassen haben und dass wir das Pferd
der Göttin Minerva schenken. Er hat auch hinzugefügt: "Zieht das Pferd in die
heilige Stadt der Vesta."
Idomeneus: Ich habe Sino
gehört, aber warum hörten uns die Trojaner nicht. Fürchten sie denn nicht eine
List? Sie hörten nicht auf das Pferd in die Stadt zu ziehen, obwohl wir auf
dem Weg mit viel Lärm der Waffen gestürzt waren und vor Schmerzen gestöhnt
hatten.
Ulixes: "Die Götter haben
uns geholfen! Aber... ich höre jemanden kommen, schweigt!"
Helena: Menelaus,
liebster...
Menelaus: Hel...
Helena: Hörst du mich
nicht, mein Menelaus? Komm mit mir! Wir wollen nach Sparta, unserem zu Hause,
zurückkehren. Habe ich denn den Griechen und Trojanern nicht genug Mord und
Schmerz bereitet? Hört auf zu kämpfen. Ich bin nämlich bereit, nach Hause
zurück zu kehren. Paris hat mich mit einer List geraubt. Oft empfand ich
Schmerzen, weil ich mit ihm nach Troja weggegangen war. – Warum antwortest du
nicht?
Menelaus: Hmmm...
Helena: Willst du mich
allein in Troja zurücklassen? – Oh, ich Arme!
Ulixes: Da: Sino gibt das
Zeichen! Öffnet die Tür des Pferdes! Kommt, steigt hinab!
Dies ist der letzte Tag
Trojas!
Lektion 15
Aeneas und Dido
Die Griechen hatten Troja
erobert und entzündet.
Aeneas, der Sohn des
Trojaners Anchisis und der Göttin Venus, floh, sobald er die Stadt brennen sah
mit seinem Vater Anchisis, mit seinem Sohn Julius und mit wenigen Begleitern
aus Troja.
Die Götter jedoch hatten
beschlossen, den Trojanern in Italien ein neues Vaterland zu geben. Aeneas und
seine Begleiter näherten sich, nachdem sie die Irrfahrt und die vielen
Gefahren mit großer Tapferkeit überwunden hatten, der Küste Italiens.
Schon hatten sie das Ende
ihrer Irrfahrten vor Augen, schon freuten sie sich, als sich plötzlich ein
großer Sturm erhob und viele Schiffe zerstörte.
Mit Mühe lenkten die
Trojaner die Schiffe nach Afrika, wo Dido, die Königin, regierte.
Sie empfing die
schiffbrüchigen Trojaner sehr freundlich.
Nachdem sie hörte, dass
Troja zerstört sei, sagte sie: "Ich habe angefangen eine neue Stadt zu bauen,
Fremde. Wenn Carthago, die neue Stadt euch gefällt, dann ist es euch erlaubt
mit uns in Afrika zu bleiben."
Die Trojaner lebten eine
Zeit lang in Carthago und waren sehr zufrieden mit ihrem neuen Vaterland.
Dido liebte Aenesa,
Aeneas liebte Dido.
Sie sorgten für die neue
Stadt, sie waren fröhlich und glücklich.
Einst jedoch bat
Mercurius, der Bote der Götter, Aeneas:
"Die Götter sind zornig
Aeneas! Warum bleibst du so lange in Afrika? Warum hast du nicht nach einem
neuen Vaterland in Italien gefragt, wie die Götter es befohlen haben? Oder
weißt du etwas nicht, dass die Götter deinem Volksstamm die Königsherrschaft
Italiens – ja sogar die Königsherrschaft des ganzen Erdkreises versprochen
haben? Verlasse Carthago, verlasse Dido!"
Obwohl Aeneas traurig
war, weil ihm nicht erlaubt war in Carthago zu bleiben, gehorchte er trotzdem
und verließ Afrika.
Nicht einmal Dido hat ihn
zurückhalten können.
"Empfing ich dich,
Aeneas, und die deinen, als ihr schiffbrüchig an unserer Küste gestrandet ward
denn nicht sehr freundlich?
Habt ihr denn nicht meine
Gastfreundschaft genossen?
Sagtest du denn nicht
immer wieder, dass du mich liebst?
Habe ich dich denn nicht
aus Mut geliebt?
Warum, Untreuer, verlässt
du mich?
Du bist undankbar und
treulos!"
Dann nahm sich Dido das
Leben.
Die Trojaner jedoch
fanden in Italien ein neues Vaterland.
Lektion 16, Text 1
Eine böse Verletzung des
Gastrechts
Die Großstadt Rom war von
Romulus mit einer festen Mauer befestigt worden. Bald darauf sind auch die
anderen von Romulus in die neue Stadt gerufen worden. Viele kamen, weil in der
Stadt sowohl Freien als auch Sklaven, ja sogar gerichtlich verfolgten Asyl von
Romulus geöffnet worden war.
Schon wuchs die Stadt,
aber aus Mangel an Frauen war keine Hoffnung auf ein Überleben mit dem neuen
Volk. Denn die Nachbarn verweigerten die Hochzeit, obwohl Romulus es oft erbat.
Daher bereitete Romulus
eine List vor:
Er lud die Nachbarn zu
Pferderennen des heiligen Neptuns ein. Viele aus dem Volk der Sabiner kamen
mit Frauen und Kindern in Rom zusammen und sind durch die neue Stadt geführt
worden, nachdem sie von Römern gegrüßt worden sind.
Als die Zeit der Spiele
kam und alle zum Spektakel zusammen kamen, ist das Zeichen von Romulus gegeben
worden: Junge Frauen der Sabiner sind von römischen Männern geraubt worden.
Die Sabiner flohen zornig
nach Hause und bereiteten den Römern Krieg.
Lektion 16, Text 2
Wird das gut ausgehen
Romulus befahl und sorgte
dafür, dass die Sabinerinnen nach römischem Rechts geheiratet wurden. Die
Römer boten ihren Ehefrauen ein schönes Leben. So wurde sowohl der Zorn der
Sabinerinnen, als auch die Sehnsucht nach den Eltern allmählich vermindert.
Aber wieder und wieder wurden die Sabiner von den Eltern der sabinischen
jungen Frauen zum Kampf angetrieben.
Schließlich wurden die
Schlachtreihen zwischen dem Palatin und dem Capitol aufgestellt. Während die
Römer mit den Sabinern kämpften, sagte eine von den Sabinerinnen, jetzt
römische Ehefrau, zu den anderen sabinischen Frauen:
"Ich werde sehr von
diesem unnützen Krieg erschreckt. Werdet ihr nicht auch von Sorgen gequält. Es
ist wahr, dass wir geraubt worden sind, aber wir werden von unseren Ehemännern
geliebt. Mein Geist wird sowohl von der Sehnsucht nach den Eltern, als auch
von der Liebe zu meinem Ehemann beunruhigt. Dieses Morden, dieser Krieg muss
von uns Frauen beendet werden."
Die Furcht wird besiegt,
Frauen wagen es zwischen bewaffnete Männer zu rennen. Die Schlachtreihen
werden getrennt, die Waffen werden getrennt, der Zorn wird getrennt.
Frauen bitten einerseits
Väter, andererseits Ehemänner, einige zeigen sogar neugeborenen Kinder und
rufen:
"Wenn die Heirat nicht
gefällt, Eltern, wendet den Zorn gegen uns! Denn wir sind der Grund des
Krieges. Wenn du bewegt wurdest, Vater, dass dir die Tochter geraubt worden
war, wirst du denn nicht nun von den Tränen des Enkelkindes bewegt, wirst du
denn nicht von den Tränen der Mutter bewegt?"
Und die wütende Menge
wird durch die Worte der Frauen bewegt. Der Kampf wird beendet. – Später war
nicht allein der Frieden, sondern auch eine Bürgerschaft der Römer und Sabiner
gemacht.
Lektion 17, Text 1
Sage oder Wirklichkeit?
Nachdem die Stadt Rom von
Romulus mit einer sicheren Mauer befestigt worden war, wuchs sie allmählich.
Bald kamen auch viele andere in die neue Stadt, weil sie von Romulus gerufen
worden waren. Aber es waren nur Männer gekommen. Obwohl die Frauen oft von
Romulus eingeladen worden waren, wollten sie nicht nach Rom kommen.
Schließlich
bereitet Romulus eine List vor, weil er aus Mangel an Frauen dazu gezwungen
war. Nachdem die benachbarten Sabiner von den Römern eingeladen worden waren,
trafen sie in Rom zusammen und wurden von den Römern begrüßt und durch die
neue Stadt geführt. Als die Zeit der Spiele kam, warteten die Römer auf ein
festgesetztes Zeichen. Dann wurden die jungen Sabinerinnen von den römischen
Männern geraubt.
Lektion 17, Text 2
Ein unerbittlicher
Gläubiger
Lucius: (tritt ein)
Camilla! Ich habe das Rind auf dem Marktplatz verkauft.
Camilla:
Bist du wahnsinnig? Wie sollen wir den Acker pflügen?
Lucius:
Ich weiß nicht. – Aber ich muss Aulus das Geld zurückgeben. Die Furcht vor
Aulus hatte mich dazu veranlasst, dass ich das Rind verkaufte. Oder willst du
lieber, dass Aulus mich verhaftet und mich verklagt? Wer kann mich, nachdem
ich vor Gericht geführt worden bin, von meinen Fußfesseln befreien?
Camilla:
(Zorn entbrannt) Aulus der Patrizier ist ein schlechter Mensch. Die Patrizier
richten uns zu Grunde.
Lucius:
Nicht allein die Patrizier, sondern auch der Krieg richtet uns zu Grunde.
Camilla:
Du sagst die Wahrheit. Dieser Krieg ist der Grund für unser Elend. Waren wir
etwa nicht glücklich gewesen? Aber plötzlich war Krieg. Du warst Soldat, ich
wurde allein zu Hause zurückgelassen, arbeitete mit den Kindern, den ganzen
Tag, bestelle allein den Acker mit einem Rind, ich glaubte, dass ich unsere
Sache (oder: unseren Wohlstand) ohne deine Hilfe retten könnte. Jedoch
zerstörte ein Sturm alles. (weint)
Lucius:
Obwohl mein Leben in großer Gefahr gewesen war, obwohl dieser Krieg nicht von
den Reitern, sondern von Fußsoldaten, von uns, glücklich beendet worden war,
wurden wir in dem von uns geretteten Vaterland nicht gut aufgenommen. – Uns
fehlt Getreide, nicht Ruhm.
Camilla:
Und nun...
Aulus:
(tritt plötzlich ein) Seid gegrüßt! Habt ihr das Geld, das ihr von mir
geliehen habt?
(Lucius
gibt ihm das Geld)
Aulus:
Gibst du mir etwa nur einen Teil des Geldes?
Lucius:
Ich habe dir alles gegeben, was ich besitze. Bald werde ich dir den fehlenden
Teil zurückgeben!
Aulus:
(schreit) Bald? – Meine Nachsicht hat ein Ende! Ich werde dich morgen vor
Gericht führen! (geht weg)
(Lucius
geht aus dem Haus)
Camilla:
Wohin gehst du, Lucius?
Lucius:
Ich gehe zu deinem Vater. Nicht aus eigenem Antrieb, sondern von unserem Elend
und der Grausamkeit des Aulus gezwungen, werde ich von deinem Vater Hilfe
erbitten. Ich weiß, dass er mich nicht gern hat. Aber vielleicht wird er uns
wegen deinem Heil helfen.
Lektion 18
Ein so junger Heerführer?
Die Senatoren
verzweifelten nicht, aber sie beschlossen einen neuen Führer nach Spanien zu
schicken. Daher wurde eine Wahlversammlung angesagt, durch die das Volk einen
Mann auswählen musste, der einer solchen Herrschaft würdig war. Die
Bürgerschaft kam traurig auf dem Marsfeld zusammen, weil sie durch den Tod der
Scipionen erschreckt worden war. Lange wurden die Namen der Kandidaten
erwartet. Aber niemand der Anführer wagte es, die gefährliche Herrschaft zu
erbitten, als plötzlich P. Cornelius Scipio, der Sohn des Publius, der in
Spanien gefallen war, vierundzwanzig Jahre alt, sagte, dass er diese
Herrschaft erstrebe. Aus der langen Stille, die seinen Worten folgte, wurden
verschiedene Stimmen der Bürger gehört, die über die Sache diskutierten.
Calvus: Publius Cornelius
ist ein allzu junger Mann, dem ihr die Herrschaft übergeben wollt. Wir müssen
einen Mann wählen, mit dem unsere Soldaten große Gefahren, welche drohen,
überwinden können.
Lucius: Gewiss ist Scipio
ein junger Mann, aber er stammt aus der Adelsfamilie der Cornelia, aus dieser
Adelsfamilie, deren gute und tüchtige Männer den römischen Staat schon vor
vielen Gefahren schützten.
Calvus: Sagst du etwa aus
dem Geschlecht der Cornelia? Hast du etwa nicht gehört, dass diese Scipionen,
welche so lange unsere Bürgerschaft wie unseren Herrn befehlen, nach
griechischer Sitte leben und die Freundschaft mit einigen Griechlein pflegen?
Oder glaubst du etwa, dass diese Männer die Sitte ihrer Vorfahren, welche auf
dem römischen Staat stehen, nicht retten können? Ich habe kein Vertrauen in
diese Menschen, welche andere Sitten haben als wir.
Lucius: Die Künste und
Wissenschaften der anderen Völker, auch der Griechen kennen zu lernen, nützt
sehr viel. Ich jedenfalls habe Vertrauen in das Geschlecht der Cornelia. Diese
Cornelia bereiteten nicht nur dem Staat Siege, die ihre Ehre sind, sondern
auch den Ruhm, den auch du liebst, Calvus.
Calvus: Aber die
Scipionen nahmen in Spanien große Niederlagen auf sich und wurden getötet,
Lucius.
Lucius: Der diese
gefährliche Herrschaft erbittet, obwohl Vater und Onkel fielen, zeigt wahre
römische Tapferkeit. Ich weiß, dass der junge Publius Cornelius diese
Niederlage, die wir nun beweinen, mit seiner Tüchtigkeit wieder gutmachen
wird. Die Götter begünstigen das römische Volk. Publius Cornelius wird
Carthago besiegen.
Lektion 19
Tiberius Gracchus spricht
Bürger! Neulich machte
ich eine Reise durch Italien: Dort sah ich, dass viele Landgüter verlassen und
einige Felder unbebaut sind. Aber ich sah auch überaus blühende Großgüter, auf
denen eine riesige Zahl von Sklaven arbeitete...
Wie lange bebauen andere
Sklaven eure Felder? Wie lange wird euer Wohnsitz von anderen Herren bewohnt?
Wilde Tiere, die in Italien sind, haben ihren Wohnsitz und Schlupfwinkel, aber
ihr, die für das Vaterland gekämpft habt, wurdet von euren Landgütern
vertrieben und irrt mit Ehefrauen und Kindern durch Italien. Ihr seid endlich
in Rom zusammengekommen, weil ihr Hilfe suchtet. Ihr seid jedoch nicht die
Sorge der Senatoren und Patrizier, ward nie die Sorge, werdet nie die Sorgen
sein. Denn der Senator oder der Patrizier kümmert sich immer nur um seine
Sachen, kümmerte sich nur um seine Sachen, wird sich immer nur um seine Sachen
kümmern. Wie lange werdet ihr dieses unwürdige Leben noch ertragen? Wie lange
wird der Hunger euch noch quälen? Wie lange entbehren eure Ehefrauen und
Kinder notwendige Sachen? Seht ihr etwa nicht, dass sie arm sind? Wollt ihr
etwa, dass sie zukünftig immer arm sind? Wollt ihr etwa, dass sie anderen
Herren dienen werden, weil sie auf eine andere Art und Weise nicht leben
können?
Glaubt mir: Der, dem
alles ist (der alles hat), wird immer mehr begehren. Der Geiz der Reichen wird
niemals beendet, sie werden niemals aufhören euch zu quälen. Daher ist das
Ackergesetz für uns nötig. Durch dieses Gesetz erhalten die Soldaten, die ihr
Vaterland verteidigt haben, ihre Prämien: Felder, die ernähren werden,
Wohnsitze, die mit den Ehefrauen und Kindern sicher bewohnen werden.
Daher bitte und beschwöre
ich euch: Wählt mich, Tiberius Sempronius Gracchus, zum Volkstribun! Ich, euer
Tribun, werde mich auch um eure Angelegenheiten (Dinge) kümmern, ich werde
euch zu Hilfe kommen, ich werde mich um eure Angelegenheiten (Dinge) sorgen:
Das Leben, das für euch nun Armut und Mühe ist, wird frei von allen Sorgen
sein. Ich werde euch die Felder zurückgeben. Ihr werdet in eure Häuser
zurückgehen. Eure Ehefrauen und Kinder werden sicher leben können. Ich werde
euch die Freiheit, die Ehre und die Würde zurückgeben. Dieses Leben wird
schließlich eines Römers würdig sein.
Lektion 20
Ich klage an!
Ich klage Gnaeus
Cornelius Verres an, ihr Richter, einen römischen Senator. Diese Sache ist
lästig und vielleicht wird sie mir Hass bei den Freunden diesen Menschen
zufügen.
Ich klage Gnaeus
Cornelius Verres an, ihr Richter, den Statthalter der Provinz Sizilien. Dies
ist eine notwendige Sache und wird unseren guten Ruf bei den Gefährten und
Freunden des römischen Volkes wieder herstellen.
Was ist geschehen?
Überall rauben römische Beamte den Provinzen Gelder, überall nehmen sie schöne
Statuen und Bilder weg, überall machen sie viel anderes Frevelhaftes und
Unrechtes. Aber du, Verres, vom römischen Volk als Statthalter nach Sizilien
geschickt, hast den Bewohnern Siziliens und den römischen Bundesgenossen sogar
mehr Unrecht angetan, als andere vorher zugefügt hatten. Von diesen wurde ich
gebeten Hilfe nach Sizilien zu tragen, unsere Ehre wiederherzustellen.
Hört, Richter, von den
Verbreschen und der Schande dieses Menschen, von dem alle Guten abschrecken.
Es gab einen gewissen Gavius, ein römischer Bürger, der von Verres mit
falschen Vorwürfen angeklagt worden ist und in einen Steinbruch geschickt
wurde. Dieser entfloh und begab sich in Messina auf ein Schiff. So sah er
schon die Küste Italiens nahe, wo er sich erhoffte sicher sein zu werden, aber
Gavius wurde von einem gewissen Freund des Verres erkannt.
Er wurde ergriffen und
auf den Marktplatz geschleppt; die Sache wurde an Verres übergeben. Die Augen
des verbrecherischen Menschen brannten, die Grausamkeit ragte ganz aus dem
Gesicht heraus; er befahl, Ruten herbeizubringen. Gavius schrie, dass er
niemandem Unrecht zugefügt hatte. Aber er wurde in mitten des Marktplatzes von
Messina als römischer Bürger von Ruten geschlagen, Richter! Zwischen dem
Klatschen der Schläge war keine andere Stimme zu hören außer: "Ich bin ein
römischer Bürger!" Dann befahlst du, Verres, ihn zu kreuzigen. So wurde der
Bürger aus unserer Mitte beseitigt.
Ich frage euch: Wie
werdet ihr eine solche Sache ertragen, Richter? Wie erträgst du, Verres, diese
Schande? Oder hast du etwa geglaubt, dass ich ein solches Verbrechen
verschweigen werde?
Unsere Vorfahren brachten
den Gefährten Hilfe. Du und diese deine Freunde bringen elendes Schicksal über
die römischen Bürger herbei! Wegnehmen, morden, rauben von diesem Imperium
gerufen!
Oh Zeiten! - Oh Sitten!
Lektion 21, Text 1
T. Aurelius Scaurus grüßt
D. Aurelius Scaurus
Oh großer und
bewundernswerter Sieg!
Endlich wurde Alesia, die
Hauptstadt der Averner, erobert!
Mit meinem Gaius nahm ich
als Militärtribun an der Belagerung teil;
mit meinem Gaius kämpfte
und siegte ich.
Hörst du etwa nicht damit
auf zu glauben, dass Gaius ein schlechter und fauler Mensch ist? Du sagtest,
dass er von Schulden überfallen über das Meer floh, dass er in Gallien einen
Krieg führte, um in Rom nicht ins Gefängnis zu kommen. - Du solltest wissen,
dass der Prokonsul wahrlich ein römischer Mann ist.
Ich sah immer wieder
seine Klugheit und Tapferkeit!
In Gallien wird er von
uns allen geliebt.
Der Krieg ins Alesia war
sehr schwer:
Da Alesia auf einem Berg
liegt, konnte es von uns nicht erobert werden.
Daher befahl Gaius, die
Stadt zu belagern.
Mit viel Arbeit wurden
Befestigungsanlagen gebaut und Türme errichtet.
Dennoch kamen die Averner
und einige Gallier mit ihrem Anführer Vercingetorix oft aus der Stadt und
veranstalteten heftige Schlachten mit unseren Leuten – aber sie wurden immer
zurückgetrieben.
Schließlich übergaben sie
sich von Hunger und Durst besiegt,
Vercingetorix selbst
wurde uns übergeben.
Gaius jedoch lobte seine
tapferen Soldaten und gab uns die Prämien - auch mir... Ich bin glücklich!
Alle sind glücklich.
Ich hoffe, dass wir lange
in Gallien bleiben und siegen werden.
Genieße auch du, mein
Bruder, das angenehme römische Leben.
Wenn du gesund bist, ist
es gut, ich jedenfalls bin gesund.
Lektion 21, Text 2
Aus dem Brief eines
Legionssoldaten
Nun sind wir endlich im
Winterlager,
nun sind wir endlich frei
von Mühen. -
Aber wie lange wird es
uns erlaubt sein, uns auszuruhen?
Vercingetorix, der Führer
der Averner, ist besiegt worden
und Gaius Julius Caesar
wird von allen mit lauter Stimme gelobt.
Was hat er eigentlich
gemacht?
Sind denn nicht wir, die
einfachen Soldaten, mit schwerem Gepäck beladen zu Fuß über Berge und Felder
gegangen?
Haben wir etwa nicht oft
unter Hunger und Durst gelitten?
Haben wir etwa nicht die
Befestigungen gebaut?
Haben wir etwa nicht die
Türme errichtet?
Haben wir etwa nicht das
Gefecht geführt und mit den Feinden im Nahkampf gekämpft?
Wenn wir auch unversehrt
aus dem Gefecht herauskamen,
hatten und haben wir
trotzdem immer den Tod vor Augen.
Oh, wie viele Kameraden
habe ich verwunden und sterben sehen,
wie viele Freunde habe
ich verloren.
Gestern wurde sogar der
Militärtribun Titus Aurelius Scaurus getötet:
Mit wenigen Leuten
erkundete er die benachbarte Gegend,
als er plötzlich von
Feinden überfallen und getötet wurde.
Oh, wann wird das Ende
dieses grausamen Abschlachtens sein?
Dieser Caesar, der uns
zwang Krieg zu führen, wie sehr ich ihn hasse!
Wenn – was die Götter
verhüten mögen – es mir nicht möglich sein wird nach Rom zurückzukehren,
sollst du jedoch wissen,
meine Antonia, meine Ehefrau,
dass ich dich immer
liebte, liebe und lieben werde. Lebe wohl.
Lektion 22, Text 1
Tantalus
Tantalus, der Sohn von
Jupiter, war König von Lydien. Er besaß große Reichtümer. Einst dachte er bei
sich: "Was fehlt mir? Ich besitze alles, ich bin ein Freund der Götter. Die
Götter laden mich sogar ein, damit ich an ihren Gastmählern teilnehme. Wer hat
schon eine solche Ehre empfangen? Ich esse gerne mit den Göttern und besuche
sie oft, um ihre Geheimnisse zu erfahren. Wer kann mich denn daran hindern,
dass ich sie nicht den Menschen verrate?
Denn mit diesem Plan wird
ich die Geheimnisse der Götter verraten, in der Absicht, dass die Menschen die
Götter nicht fürchten. Ich sah nämlich, dass die Götter die Menschen weder an
Tapferkeit, noch an Macht, noch an Klugheit übertreffen. Dann werden sich die
Menschen nicht mehr darum kümmern, die Götter mit Opfern anzubeten.
Ich kenne die Pläne der
Götter genau. Ich nehme an ihren Gastmählern teil. Was steht zwischen mir und
den Göttern? Ich esse Götterspeise und trinke Nektar. Wer kann verhindern,
dass ich nicht die Speisen der Götter den Menschen weitergebe? Das eine
versuche ich, das eine wünsche ich, um zu beweisen, dass die Götter nicht
weise sind. Denn sie glauben, dass sie alles sehen, hören und wissen.
Ich werde meinen Sklaven
befehlen, dass sie eine den Göttern unbekannte Speise zubereiten. Ich werde
befehlen, dass sie Pelops, meinen Sohn, töten und den Göttern zum Essen
vorsetzen. Ich werde sie täuschen. Ich, König Tantalus, werde die großen
Götter durch meine Klugheit übertreffen!"
Lektion 22, Text 2
Tantalus in der Unterwelt
Tantalus steht mitten im
Teich. Er wird von heftigem Durst gequält. Von allen Seiten wird er von kaltem
Wasser umgeben. Aber wenn er zu trinken wünscht und sein Mund sich dem Wasser
nähert, weicht das Wasser sofort zurück. Er wird von heftigem Hunger gequält.
Die schönsten Früchte hängen über seinem Kopf. Wenn er sich bemüht, sie zu
fangen, weichen die Zweige zum Himmel zurück. Schließlich bewirkt ein
Steinbrocken, der über ihm hängt, dass er immer sehr hoher Todesangst lebt.
So schreit Tantalus, weil
er gequält ist: "Oh Götter, war ich denn nicht euer Freund? Habt ihr mir denn
nicht Macht und Reichtümer gegeben? Kann ich euch denn nun nicht dazu bewegen,
mich von solchen Schmerzen zu befreien?"
Doch die Götter schweigen.
Lektion 23
Antigone
Antigone: Oh, meine teure
Schwester, Ismene. Ich kenne kein schlechteres Schicksal, als das göttliche
Recht uns und unserem Stamm nicht gibt. Denn vom Schicksal gezwungen, kam
Oedipus, unser unglücklicher Vater, nach Theben und heiratete unwissend
Iocaste die Königin, seine Mutter – bald unsere Mutter. Nachdem unsere Eltern
diese Schande bemerkt hatten, nahm sich Iocaste das Leben und Oedipus bot,
nachdem er sich durch seine eigene Hand geblendet hatte, bis zu seinem
Lebensende ein Beispiel für das grausame Schicksal.
Ismene: Warum erneuerst
du den so heftigen Schmerz nun, Antigone?
Antigone: ...damit du die
Erinnerung festhältst, dass der Zorn der Götter ungeheuerlich ist. Denn
Menschen, die das göttliche Recht brechen, büßen schwer. Haben denn nicht auch
unsere Brüder Eteodes und Polynices die Götter verletzt? Durch Zwietracht
bewegt, wurde ein Bürgerkrieg bereitet und während einer einen anderen mit
einem Schwert tötet, wurde für eine frevelhafte Sache gebüßt.
Ismene: Ich weiß das
alles, Antigone. Bist du etwa durch etwas neues so stark bewegt, dass du immer
von den Brüdern erzählst?
Antigone: Aber ja! Hast
du etwa nicht auch von Creon gehört, der nun Theben regiert, dass er ein
frevelhaftes und gefährliches Gesetz erlassen hat?
Ismene: Ich habe noch
nicht von den Gefahren gehört, die uns drohen. Sag es, Schwester, damit ich es
weiß.
Antigone: Der König hat
verkündet: "Der eine Bruder, Eteocles, soll mit einem Grab versehen werden,
weil er die Stadt verteidigte. Aber der andere, Polynices, soll von den
Thebanern unbestattet zurückgelassen werden, weil er Theben feindlich gesinnt
war! Der Körper dieses verbrecherischen Menschen soll als Beute für die wilden
Tiere dienen! So soll der Feind bestraft werden! Die Bürger jedoch sollen
meinen Zorn fürchten! Der, der mein Gesetz bricht, soll getötet werden!"
Ismene: Oh, ihr
unglücklichen Brüder! Oh, die so große Grausamkeit des Königs! Was sollen wir
machen, Antigone?
Antigone: Lass uns nicht
lange nachdenken, aber wir sollen das machen, was die Götter fordern, Ismene!
Wir Schwestern müssen sowohl den Göttern gehorchen, als auch den Brüdern
helfen: Wir müssen den Bruder begraben, auch wenn die Kraft Creons groß ist. –
Oder zweifelst du etwa?
Ismene: Ich weiß nicht...
Seid dir jedoch bewusst, dass wir Frauen sind, deren Kräfte schwach sind. Wir
können nicht der Macht des Königs Widerstand leisten und zugleich unser Leben
unversehrt retten.
Antigone: Wenn ich den
Göttern gehorche, werden sie mir Hilfe bringen. Weil es uns das göttliche
Rechts und der Brauch der Vorfahren befiehlt, werde ich nun diese Pflicht
leisten. Wenn du träge bist, werde ich dieses, das den Göttern gefällt,
alleine machen.
Ismene: Wie sehr fürchte
ich um dein Heil, Schwester! Wenn doch, solltest du es bei Nacht machen, was
du im Sinn hast!! So wirst du vielleicht dein Leben bewahren...
Antigone: Die richtige
Gesinnung wird unter der Sonne von den Göttern erkannt. Nun wird der Bruder
von meiner Hand begraben werden!
Lektion 24, Text 1
Ein Wunder schafft
Probleme
Amphitruo: Sei mir
gegrüßt, Tiresias, Seher der Thebaner.
Tiresias: Sei mir gegrüßt
Amphitruo. Ich hoffe dir geht es gut.
Amphitruo: Mir geht es
schlecht, sehr schlecht! Die Frauen sind schrecklich!
Tiresias: Ist die Sache
wahr? Alle?
Amphitruo: Alle!
Besonders jene, die ihre Ehemänner täuschen und betrügen. Wenn die Götter und
Göttinnen jene doch bestrafen würden!
Tiresias: Warum bist du
so zornig? Deine Frau jedenfalls ist dir treu.
Amphitruo: Ach! Von jener
selbst bin ich auf grausame Weise betrogen worden. Nun bin ich das Gelächter
aller Menschen. Ich, Amphitruo, Heerführer der Thebaner!
Tiresias: Was ist denn
der Grund für dieses Gelächter?
Amphitruo: Du weißt, dass
Alcumena vor kurzem Zwillinge zur Welt gebracht hat, Iphicles und Herkules.
Sie waren gesund und schön, der eine und der andere. Wie glücklich ich war an
jenem Tag! Mit Freude habe ich Jupiter mit meiner Hand einen Stier geopfert!
Und heute habe ich erkannt, dass jene Jungen nicht meine Söhne sind.
Tiresias: Auf welche
Weise hast du dieses erkannt?
Amphitruo: Ich war im
Park, als ich plötzlich die Mägde schreien hörte. Ich laufe sofort nach Hause
und werde mit großer Furcht ausgestattet:
Ich sehe in der Wiege der
Jungen zwei Schlangen. Bevor ich etwas tun konnte, ergriff Herkules die
Bestien mit den Händen, erdrückte und tötete sie. Ein Junge von wenigen
Monaten!
Die Furcht wich der
Bewunderung, die Bewunderung dem Zorn:
Dies ist nicht der Sohn
eines sterblichen Menschen! Ich bin nicht der Vater dieser Zwillinge. Aber
welcher Halbgott hat jene erzeugt? -
Jedenfalls hat Alcumena
die Treue verletzt!
Jener Ehebruch muss
bestraft werden! -
Oh Tiresias, was soll ich
tun?
Text 2
Die Erklärung des Wunders
T: Es gibt keinen Grund,
dass du Alkmene zürnst, Amphitryon; immer war sie die treu.
A:
War sie nicht! Die Götter sollen jene als auch ihren Ehebrecher verderben.
T:
Ich behaupte jene selbst ist getäuscht worden. Während du mit dem Heer von
Theben fern warst, hat Jupiter deine Frau besucht.
A:
Jupiter?! Dennoch schwor diese mir immer wieder die Treue gehalten zu haben.
T:
Du sagst die Wahrheit. Jupiter nämlich, weil er wusste, dass Alkmene dich
liebt, dachte sich eine List aus... er hat sich in deine Gestalt verwandelt.
Deine Ehefrau glaubte, ihren Ehemann, nicht einen Gott zu umarmen.
A:
Oh schweig!
T:
Am folgenden Tag bist du aus dem Krieg zurückgekehrt. So kommt es, dass
Herkules der Sohn Jupiters, Iphicles jedoch dein Sohn ist.
A:
Soll ich sie alles etwa glauben? Soll ich etwa glauben, Jupiter selbst betrüge
und täusche die Menschen gegen göttliches und menschliches Recht? Diesen Gott
werde ich nicht mehr anbeten, diesem werde ich nicht mehr opfern.
Lektion 25
Text 1
HYDRA
Einst wurde ein grausames
Ungeheuer mit dem Namen Hydra von Iuno nach Griechenland geschickt, um
Herkules zu vernichten.Diese Göttin war nämlich mit großem Hass auf den Sohn
ihres Mannes Zeus erfüllt, dass sie ihn auf alle Arten zum Schaden war. Hydra,
welche in Sümpfen lebte, erschreckte die Menschen und wilden Tiere. Aus ihrem
hässlichen Körper erhoben sich 12 Schlangenköpfe, die giftigen Atem auf alle
schickte die sich näherten. Herkules, der von dem König Eurystheus den
Einwohnern zur Hilfe geschickt worden war, näherte sich mit Iolaus, dem Sohn
seines Bruders Iphiclis, der ihn oft begleitete, um ihm in Gefahren zu helfen,
dem Sumpf. Er ließ die Einwohner dieser Region fern bleiben, damit sie keinen
Schaden erlitten. Hydra eilt sofort herbei: 12 Köpfe erheben sich, um den
tödlichen Atem auf die Männer zu hauchen. Herkules hällt den Atem an, um nicht
von dem Gift erfüllt zu werden, und fängt an mit einer schweren Keule auf die
Köpfe des Ungeheuers einzuschlagen. Während er so kämpft, kneift ein ungeheuer
großer Krebs, der von Iuno der Hydra zur Hilfe geschickt worden ist, mit
seinen scharfen Zangen Herkules in den Fuß; durch den Schmerz gequält tötet
der starke Mann ihn mit einem Fußtritt.
Er glaubte schon, dass er
der Sieger sein wird, als Iolaus plötzlich rief: „Wir müssen kämpfen,
Herkules! Obwohl du auf die vielen Köpfe einschlägst, wird die Anzahl dieser
nicht geringer. Sieh da: Immer wieder wachsen andere Köpfe. Hydra ist
unbesiegbar.g
Die durch diese Sache
gezwungenen tapferen Männer zogen sich zurück, um zu atmen und zu überlegen.
Ioalus: „Was sollen wir
machen? Wennd ie Köpfe nicht immer von neuem wachsen würden, wäre unsere
Arbeit leicht. Wie sollen wir verhindern, dass sie wachsen?
Hercules sagte, nachderm
er lange bei sich überlegt hatte: „Bring mir angezündete Bäume, Iolaus. Brenn
die Wunden aus, die ich dieser Bestie zufüge. Lass uns auf diese Weise
verhindern, dass die Köpfe wachsen.g
So machen sie es: Der
Kampf wird fortgesetzt Hydra wird endlich besiegt. Der letzte Kopf wurde unter
einem großen Stein versteckt. Dann tauchte Hercules seine Pfeile in das
todbringende Blut der Hydra ein.
Text 2
Das Ende des Herkules
Einst kam Herkules mit seiner
Frau Deianira unterwegs an einen derart reißenden Fluss, dass er zu Fuß nicht
zu überqueren war. Nessus, ein Zentaur, der zufällig da war, versprach, die
Frau auf seinem Rücken an das andere Ufer zu tragen. Herkules versuchte als
kräftiger Mann, hinüber zu schwimmen, als er plötzlich seine Frau schreien
hörte und sah, wie der Zentaur sie forttrug, um der Frau Gewalt anzutun.
Zornig schießt Herkules einen Pfeil ab und trifft Nessus. Sofort dringt das
Gift der Hydra in sein Blut und sein Körper ein. Vor seinem Tod gab Nessus der
Deianira den Rat, sein vom Blut der Wunde beflecktes Untergewand mitzunehmen:
;Wenn du einmal, sagte er,an der Liebe deines Mannes zweifeln wirst, dann
sorge dafür, dass er dieses anzeiht. Das wird deinen Mann zwingen, sofort zur
Liebe zu dir zurückzukehren. Viele Jahrespäter gab ihm Deianira jenes Kleid,
weil sie fürchtete, von Herkules verlassen zu werden. Sobald er sie angezogen
hatte, drang das Gift der Hydra in seinen Körper. Herkules empfand ungeheuerer
Schmerzen und versuchte, das Kleid wieder auszuziehen; vergeblich. Schließlich
musste er einsehen, dass sein Lebensende gekommen war. Er forderte seine
Freunde auf, einen großen Scheiterhaufen zu errichten. Sobald er ihn mit
festem Mut besiegt hatte, entzündete er den Scheiterhaufen von Jupiter
geschleuderten Blitzen. Dann ließ der Vater seinen tapferen und im ganzen
Erdkreis hochberühmten Sohn mit einem Viergespann zum Olymp hochfahren, damit
er ein Gott in der Familie der Götter sei.
Lektion 26, Text 1
Ein Abstieg in die
Unterwelt
Einst lebte der dichter
Orpheus in Thrakien. Diesem hatten die Götter eine hochberühmte Kunst
verliehen: Mit seinen Liedern, die er zur Harfe sang, erfreute er nicht nur
Menschen, sondern bewegte auch wilde Tiere, ja sogar Bäume und Felsen so sehr,
dass sie sich freuten, Schmerz empfanden, lachten und weinten wie Menschen.
Diesen Dichter heiratete Eurydice, die schönste Jungfrau von Thrakien, von
Liebe ergriffen. Aber das Schicksal machte ihrem Glück bald ein Ende, nicht
aber ihrer Liebe: Während Eurydice mit ihren Freundinnen über eine Wiese
schlenderte, wurde sie durch den Biss einer Schlange verletzt und sofort von
dem Gift getötet. Orpheus trauerte heftig über den Tod seiner Frau, klagte mit
wütenden Worten die Götter an: „Wer von euch kann mir sagen, warum ihr so
grausam seid, Götter?
Aus
welchem Grund werden die Menschen immer von euch gequält? Wer von euch hat
meine arme Eurydice und mich zu Grunde gerichtet?g
Nachdem
Orpheus so sein elendes Schicksal beweint hatte, sagte er: „Meine Worte nützen
nichts! Warum gehe ich nicht zu den Göttern der Unterwelt, damit sie mir meine
Ehefrau zurückgeben?g
Er
begab sich zur Porta Taenaria, jenen Ort, wo der Orcus, das Reich der Götter
der Unterwelt, betreten wird. Mir seinen Liedern besänftigte er auch Cerberus,
den dreiköpfigen Hund, der am Tor wachte, so sehr, dass er den tapferen Mann
zu den Göttern hinabsteigen ließ. Endlich gelangte er durch die Menge der
Seelen, die ohne Körper durch die Finsternis wanderten zu Pluto, dem König der
Unterwelt, und Proserpina, seiner Frau.
Text 2
Holt Orpheus Eurydice aus
dem Totenreich zurück?
Pluto staunte, weil ein
lebendiger Mensch hierher eingedrungen war: „ Ich frage dich, auf welchem Weg
du in unser Reich eingedrungen bist und mit welcher Absicht du das ewige
Gesetz der Götter verletzt. Orpheus: „Du fragst mich, Pluto, warum ich hierhin
gekommen bin. Gewiss bin ich nicht in den Orcus hinabgestiegen, um diese
scheußliche Gegend vor meiner Zeit zu sehen. Der Grund dieses Weges ist meine
Ehefrau. Ich will wissen, warum Eurydice jung mit mir verheiratet, mir geraubt
worden ist. Ich konnte den Schmerz nicht ertragen: Amor hat gesiegt! Dieser
Gott ist auch in dieser Gegend nicht unbekannt, denn auch dich und Proserpina
hat die verbunden, wie die Sage berichtet. Ich weiß genau, dass wir Menschen
früher oder später zu euerem Sitz kommen und dass dieses Haus das letzte für
alle ist. Ist es etwa Eurydice und mir nicht erlaubt dann hierher zu kommen,
wenn wir die Zahl unserer Lebendjahre vollendet haben?g
Und
er besang zur Harfe von seiner Liebe und seinem Schmerz. Er rührte das Gemüt
des Pluto, er rührte das Gemüt der Proserpina. Sie ließen Orpheus zum Licht
vorangehen, Eurydice nach ihm folgen, aber sie fügten eine harte Bedingung
hinzu: Wende deine Augen auf dem Weg nicht zurück. Oder alles wird vergeblich
sein. Orpheus ging auf dem steilen, dunklen und langen Weg voraus. Schon waren
sie nicht mehr fern der Porta Taenaria, schon sahen sie da Licht der Sonne,
als jener aus Sehnsucht dir Frau zu sehen bewegt, zurückblickte. Vergeblich
versuchte Eurydice die Hand des Ehemannes zu berühren; sagte ein letztes „Lebe
wohl!g. Wiederum getötet, diesmal von der allzu großen Liebe ihres Ehemannes,
kehrte sie wieder zu den Göttern der Unterwelt zurück.
Lektion 27:
Text 1: Penelope am
Webstuhl
Oh Ulixes, warum hat sich
die Erinnerung an
deine Frau aus deinem
Gedächtnis entfernt?
Weißt du etwa nicht, wie
viele Jahre und mit
wie großer Sehnsucht ich
dich erwartet habe?
Als ich erfahren hatte,
dass Troja, das zehn Jahre
belagert worden war,
endlich erobert worden war,
wie glücklich war ich an
jenem Tag.
Dann schließlich war es
mir erlaubt zu hoffen, dass
du innerhalb weniger
Monate nach Hause
zurückkommen würdest.
Immer wenn gemeldet
worden war, dass irgendein Schiff
an der Küste Ithacas
angekommen sei, glaubte ich,
dass du in diesem Schiff
wärest.
Die Griechen, die die
Kämpfe überlebt hatten, kehrten
inihr Vaterlang zurück
und wurden mit großer Freude von
ihren Angehörigen
empfangen.
Ich wartete jedoch
vergeblich auf meinen Mann.
Du bist nicht
zurückgekommen, obwohl ich wusste,
dass du Troja schon vot
fast zehn Jahren verlassen hast.
Man sagt auch, dass du
neulich an irgendeinem Ort gesehen
worden bist...
Ich weiß nicht, ob du von
einer anderen Liebe gefangen worden bist...
Kein Wunder - Es ist die
Wahrheit, dass ich nun alt bin.
Aber warum vermisst du
noch nicht einmal Telemachus, deinen Sohn
und auch nicht Laertes,
deinen alten Vater?
Diese brauchen
dichLjedoch nicht weniger als deine Ehefrau.
Oh, wenn Paris Helena
doch nicht geraubt hätte!
Wenn die Anführer der
Griechen von Menelaus nicht
zusammengerufen worden
wären, damit sie nach Asien
gängen und die Vergeltung
von den Trojanern erböten,
- wärst du zu Hause
geblieben, würden wir zusammmen leben,
würden wir zusammmen
Telemachus heranwachsen sehen
-wir wären glücklich
gewesen!
Aber Paris raubte Helena,
Menelaus war allzu sehr gierig auf die
Vergeltung, sodass du mit
den übrigen Griechen nach Asien
segeltest.
Oh, wie viele Menschen
wurden vor Troja getötet,
Oh wie viele Ehefrauen,
Eltern und Kinder wurden durch Furcht und
Schmerzen gequält!
Warum? - Die Männer
wurden wegen dessen Ehre verletzt.
Text 2: Die Feier der
Penelope
Hörst du etwa nicht, dass
diese Männer nun in deinem Königspalast
schreien und singen?
Als sie gesehen hatten,
dass dein Königreich des Königs beraubt war,
kamen viele, um mich,
deine Ehefrau, zu heiraten, um auf diese Art und
Weise selbst regieren zu
können.
Wenn sie wüssten, dass du
zurückkämest, kämen sie nicht und wären
nicht so unverschämt.
Nun aber missbrauchen sie
die Gastfreundschaft, sie töten unsere Herden,
sie trinken unseren Wein.
Tage und Nächte feiern sie Feste.
Auch wenn mir einer der
Freier gefiele, ist es Aufgabe der Mutter die Herrschaft
des Sohnes zu bewahren.
Daher habe ich mir eine
List ausgedacht:
Ich habe gesagt, ich
müsse das Leichenkleid Laertes, deines Vaters, weben,
sonst sei es mir nicht
erlaubt zu heiraten.
Tagsüber webte ich also
das Kleidungsstück, aber nachts wie jetzt löste ich dies
wieder auf.
Ich weiß nicht, wie lange
ich die Freier mit dieser List betrügen kann.
ich weiß nicht, was sie
tuen, wenn sie den Betrug erfahren würden.
Ich höre, dass sich
Stimmen und Schritte von Menschen nähern...
Wehe mir!
Lektion 28
Pro und Contra
Die Gesandten trugen mit
schweren Worten die Sorgen der Bürgerschaft vor. Nachdem die Konsuln deren
Worte gehört hatten, versprach sie Hilfe. Inzwischen wurde, nachdem die
Gesandten in die Häuser der adligen Römer eingeladen worden waren, Carneades,
jener hochberühmte Philosoph der Athener, gefragt, ob er eine Rede über das
Wesen der Götter halten könne.
Carneades: "Von euch
gefragt, Römer, ob es Götter gibt antworte ich: >Es gibt sie.< Meiner Meinung
nach jedenfalls, kümmern sich die unsterblichen Götter um die Sachen der
Menschen und regieren die ganze Welt. Daher verehren die Menschen nicht nur zu
Rechts die Götter durch Opfern, sondern bewahren auch die Treue, die
Gerechtigkeit und die Frömmigkeit, die uns von den Göttern gegeben worden
sind. Dieselben machen auch gute und gerechte Bürgerschaften. Wenn nicht ihr,
Römer die Frömmigkeit den Göttern gegenüber bewahrt und die guten Sitten und
die Gerechtigkeit gepflegt hättet, wäre euer Staat niemals mit so großem Ruhm
versehen worden."
Nachdem sie die
schmeichelhaften Worte gehört hatten, freuten sich alle. Als Carneades am
folgenden Tag wieder eingeladen wurde, um eine Rede zu halten, kamen sogar
mehr zusammen, weil sein Ruf über die ganze Stadt verbreitet worden war. Als
Stille eingekehrt war, sagte Carneades: "Gestern habt ihr mich gefragt, ob es
Götter gibt. Ich behauptete, dass es sie gäbe. Heute werde ich euch zeigen,
dass es keine Götter gibt. – Denn die Götter, wenn es sie gäbe, würden die
Welt sehr gut regieren. Jedoch frage ich euch: >>Wird die Welt etwa sehr gut
regiert? Seht ihr etwa, dass die Götter die verbrecherischen Menschen an ihren
Übeltaten hindern oder sie bestrafen?<<
Die Götter, weil sie
nichts zu machen scheinen, schlafen entweder oder es gibt sie überhaupt
nicht.Daher bewegt eine unnütze Furcht die Menschen vor den Göttern. Ja es ist
wahrhaftig sogar, wenn die Sorge der Götter fehlt, die Aufgabe der Menschen
Gesetzte zu geben und es ist die Aufgabe der Menschen schlechte Bürger und
schlechte Bürgerschaften im Zaum zu halten. So habt ihr Römer, nachdem ihr die
Grenzen des Reiches ausgedehnt habt, fremden Völkern eure Gesetzte auferlegt.
Auf diese Weise ist euer Staat mit einem solchen Ruhm versehen worden. Daher
waren die Götter weder nötig noch sind sie es."
Nachdem sie diese
gottlosen Worte gehört hatten, wurde Carneades Rede dennoch von einigen
gelobt. Besonders junge Männer und Frauen freuten sich, dass die Sache nach
beiden Seiten hin diskutiert wurde. Die Senatoren jedoch riefen den Senat
zusammen, weil sie meinten, dass die Sitten der Vorfahren durch jene
griechische Philosophen zerstört worden seien, und befahlen Carneades und
allen Philosophen aus Rom hinaus zu gehen.
Lektion 29:
Text 1: Socrates
Man hielt Socrates, den
Sohn der Hebamme Phaenarete und des
Steinmetz Sophroniscus,
sowohl nach Übereinstimmung der Menschen
als auch des Oracels des
Apolls für den Weisesten.
Dieser riet den Menschen
nur Gutes von den unsterblichen Göttern zu erbitten.
Von den Göttern nämlich,
die wissen, was für uns gut und nützlich ist, erstreben
wir meistens, was uns
schadet.
Denn du, der Geist des
Menschen, umhüllt von der Finsternis des Irrtums
und der Unwissenheit,
wünscht viel Falsches:
Du sterbst nach Reichtum,
obwohl er viele zu Grunde richtet,
du begehrst Ehre, die die
meisten verdreben
Also höre auf, dich nach
( fehlt )zu sehnen!
Überlasse dich dem Spruch
der Götter.
Indem die Götter das Gute
auswählen und zuteilen, gelangt man zur Tüchtigkeit.
Text 2: Die
Verteidigungsrede des Socrates
Was hat mir diesen
schlechten Ruf angetan?
Höret, Richter! Ich habe
jene Schande empfangen aus keinem anderen Grund
als einer gewissen
Weisheit. - Aber was ist diese Weisheit, die mir das Oracel
des Appols zugewiesen hat?
Als das Oracel
herausgegeben wurde, dachte ich bei mir:
Ich jedenfalls weiß
genau, dass ich nicht weise bin.
Was also hat der Gott mit
diesen Worten erklärt?
Schließlich fing ich an
auf diese Art und Weise Untersuchungen über das
Oracel anzustellen:
Ich suchte einen adligen
Mann, der allen und vor allem sich selbst weise zu sein
erschien, um zu zeigen:
Dieser Mann ist weiser
als ich!
Indem ich diesen
betrachtete, fragte und untersuchte - diesen nenne ich nicht; er war
einer von diesen, die zu
den Politikern gehören - erkannte ich, dass dieser Mann
jedenfalls weise schien,
er es aber nicht war.
Dieses zeigte ich ihm,
während mir viele zuhörten.
Daher war nicht nur er,
sondern auch viele andere Bürger von Hass erfüllt. Als ich
fortging, dachte ich bei
mir: Dieser da glaubt, dass er irgendetwas weiß, obwohl er
nichts weiß.
Ich jedoch - weil ich
nichts weiß - glaube, dass ich nichts weiß.
Auf diese Art und Weise
suchte ich nach vielen, ob sie etwas wussten.
Schließlich fragte ich
die Handwerker. Denn ich bin überzeugt, dass diese mit großer
Weisheit Vieles und
Schönes herstellen könne, was ich nicht herstellen kann. Aber
jene glaubten, dass sie,
weil sie die bewundernswerten Werke herstellten, auch in den
übrigen Sachen die
Weisesten seien, was sie nicht waren.
Lektion 28
Pro und Contra
Die Gesandten trugen mit
schweren Worten die Sorgen der Bürgerschaft vor. Nachdem die Konsuln deren
Worte gehört hatten, versprach sie Hilfe. Inzwischen wurde, nachdem die
Gesandten in die Häuser der adligen Römer eingeladen worden waren, Carneades,
jener hochberühmte Philosoph der Athener, gefragt, ob er eine Rede über das
Wesen der Götter halten könne.
Carneades: "Von euch
gefragt, Römer, ob es Götter gibt antworte ich: >Es gibt sie.< Meiner Meinung
nach jedenfalls, kümmern sich die unsterblichen Götter um die Sachen der
Menschen und regieren die ganze Welt. Daher verehren die Menschen nicht nur zu
Rechts die Götter durch Opfern, sondern bewahren auch die Treue, die
Gerechtigkeit und die Frömmigkeit, die uns von den Göttern gegeben worden
sind. Dieselben machen auch gute und gerechte Bürgerschaften. Wenn nicht ihr,
Römer die Frömmigkeit den Göttern gegenüber bewahrt und die guten Sitten und
die Gerechtigkeit gepflegt hättet, wäre euer Staat niemals mit so großem Ruhm
versehen worden."
Nachdem sie die
schmeichelhaften Worte gehört hatten, freuten sich alle. Als Carneades am
folgenden Tag wieder eingeladen wurde, um eine Rede zu halten, kamen sogar
mehr zusammen, weil sein Ruf über die ganze Stadt verbreitet worden war. Als
Stille eingekehrt war, sagte Carneades: "Gestern habt ihr mich gefragt, ob es
Götter gibt. Ich behauptete, dass es sie gäbe. Heute werde ich euch zeigen,
dass es keine Götter gibt. – Denn die Götter, wenn es sie gäbe, würden die
Welt sehr gut regieren. Jedoch frage ich euch: >>Wird die Welt etwa sehr gut
regiert? Seht ihr etwa, dass die Götter die verbrecherischen Menschen an ihren
Übeltaten hindern oder sie bestrafen?<<
Die Götter, weil sie
nichts zu machen scheinen, schlafen entweder oder es gibt sie überhaupt
nicht.Daher bewegt eine unnütze Furcht die Menschen vor den Göttern. Ja es ist
wahrhaftig sogar, wenn die Sorge der Götter fehlt, die Aufgabe der Menschen
Gesetzte zu geben und es ist die Aufgabe der Menschen schlechte Bürger und
schlechte Bürgerschaften im Zaum zu halten. So habt ihr Römer, nachdem ihr die
Grenzen des Reiches ausgedehnt habt, fremden Völkern eure Gesetzte auferlegt.
Auf diese Weise ist euer Staat mit einem solchen Ruhm versehen worden. Daher
waren die Götter weder nötig noch sind sie es."
Nachdem sie diese
gottlosen Worte gehört hatten, wurde Carneades Rede dennoch von einigen
gelobt. Besonders junge Männer und Frauen freuten sich, dass die Sache nach
beiden Seiten hin diskutiert wurde. Die Senatoren jedoch riefen den Senat
zusammen, weil sie meinten, dass die Sitten der Vorfahren durch jene
griechische Philosophen zerstört worden seien, und befahlen Carneades und
allen Philosophen aus Rom hinaus zu gehen.
Lektion 30, Text 1
Wie lebt ein gesunder
Mensch?
Ein gesunder Mensch,
welcher sowohl bei guter Gesundheit, als auch sein eigener Herr ist, muss
keine Gesetze befolgen und benötigt weder einen Arzt, noch eine
Physiotherapeuten.
Es gehört sich, dass
dieser selbst das Leben auf verschiedene Arten lebt: mal auf dem Land zu sein,
mal in der Stadt zu sein, öfter auf dem Feld zu sein; segeln, jagen, manchmal
ruhen, aber häufiger trainiert er sich. Er soll die Arbeiten nicht scheuen.
Denn die Trägheit schwächt den Körper, Arbeit stärkt ihn; jene (die Trägheit)
gibt das frühe Alter, diese (die Arbeit) die lange Jugend zurück.
Es nützt, sich manchmal
zu waschen, manchmal kaltes Wasser zu benutzen, mal sich ein zu salben, mal es
zu vernachlässigen.
Ein gesunder Mensch muss
dieselben Arten von Speisen nehmen, welche das Volk selbst benutzt. Es nützt
manchmal in Gesellschaft zu sein, manchmal sich von dieser selben
zurückzuziehen. Besser ist es zweimal als einmal am Tag Essen zu sich zu
nehmen und immer möglichst viel.
Lektion 30, Text 2
Was gehört zur Kunst des
Arztes?
Einem Arzt jedoch, wenn
er nichts weiter tut, als wie er meine Hand berührt, wenn er mich auf dieselbe
Art und Weise wie die Anderen behandelt, wenn er ohne ein Wohlwollen
vorschreibt, was ich tun und vermeiden soll, damit ich gesund bin – schulde
ich selbst jenem Arzt keinen Dank, weil er mich nicht als einen Freund sieht,
sondern wie einen Käufer.
Lektion 30, Text 3
Einige Sprüche zum Knobeln
1. Wenn zwei dasselbe
machen, ist es nicht dasselbe.
2. Der schweigt, der
scheint übereinzustimmen.
3. Ein Grundsatz aus dem
Strafrecht: Verstoße nicht zweimal gegen dasselbe!
4. Rom hat gesprochen,
die Sache ist beendet.
Lektion 31
Text 1
Auffahrunfall ruckwärts
Zwei Mauleselinen zogen
zwei beladenen Lastwagen die steile Auffahrt zum Kapitolshügel hinauf.
Die
Eseltreiber das vorderen Lastwagens schoben den Lastwagen fleißig und kräftig
mit,
um den Weg schnell und einfach zu vollenden. Trotzdem
rollte
jeber Lastwagen zurück. Als die Eseltreiber, die zwischen den zwei Lastwagen
waren,
aus der Mitrte herausgegangen waren, wurde der hintere Lastwagen von dem
vorderen
gerammt. Er rollte zurück, er tötete einen Sklaven, der zufällig
auf
dem selben Weg ging.
Der
Herr des Sklaven fragte um Rat, ob er gerichtlich vorgehen kann. Es ist
geantwortet
worden:
Wenn
die Eseltreiber aus eigenem Antrieb aus der Mitte gingen und es deswegen
geschah,
dass
die Maulesel den Lastwagen nicht zurück halten konnten und er durch die Last
selbst zurück-
gezogen
wurde, kann gegen den Herrn des Maulesels nicht geklagt werden, sondern
gegen
die, die aus der Mitte heraus gegangen waren.
Aber
wenn die Mauleselinen vor irgentetwas scheuten und zurückwichen und die
Eseltreiber
den
Lastwagen verließen, damit sie nicht niedergedrückt werden, kann gegen den
Herrn
geklagt werden.
Text 2
Ein
Sportunfall
Einige
spielten mit dem Ball. Irgendeiner traf den Sklaven heftig, als dieser
versuchte den Ball zu fangen. Der Sklave fiel und brach sich das Schienbein.
Es
wurde gefragt, ob der Herr des Sklaven, verhandeln kann.
Es
wurde geantwortet, dass nicht verhandelt werden kann, weil es scheint, als ob
es mehr durch Zufall, als durch Schuld geschehen ist.
Lektion
31, Text 3
Fundsache - oder
Diebstahl?
Als
ein gewisser Mensch, irgendetwas Fremdes, das auf dem Weg lag, wagte es
aufzuheben und mitzunehmen; er war über den Gewinn erfreut. Aber er freute
sich nicht lange; denn er wurde des Diebstahls angeklagt, als die Sache
erfahren wurde.
Denn
wer irgendetwas anderes stielt, damit er Gewinn macht, kann des Diebstahls
angeklagt werden, wenn er weiß, wem es gehört, oder wenn er es nicht weiß.
Wenn
der Herr es aber freiwillig aufgibt, passiert kein Diebstahl. Denn eine
aufgegebene Sache gehört niemandem, so dass in diesem Fall kein Diebstahl
geschehen kann.
Lektion 31 Text 4
Geflügelte Worte
Keine Bestrafung ohne
Gesetz.
Im Zweifel für den
Angeklagten.
Es bleibt immer etwas
hängen.
Es möge auch die andere
Seite gehört werden.
Höchstes Recht, höchstes
Unrecht.
Es geschehe Recht, auch
wenn die Welt darüber zu Grunde geht.
Lektion 32
Erasmus
von Rotterdam:
Der
Abt Antronius besucht Magdalia
Antronius:
Wie sehe ich die Möblierung?
Magdalia:
Erscheint dir die Möblierung nicht elegant?
Antronius:
Es ist gewiss sehr vornehm. - Aber es ist alles voll mit Büchern.
Magdalia:
Warum gefallen dir die Bücher nicht?
Antronius:
Sie machen das Leben weder besser noch angenehmer.
Magdalia:
Dieses gute und angenehme Leben ... Auf welchen Umständen beruht es?
Antronius:
Auf dem Schlaf, auf den Gastmählern, auf der Freiheit zu tun, was du wünscht,
auf Geld und auf Ehre.
Magdalia:
Wenn aber Gott diesen Sachen Weisheit hinzufügt, ist das Leben etwa nicht
angenehmer? Ist Weisheit nicht besser als Unwissenheit?
Antronius:
Was nennst du Weisheit?
Magdalia:
Es ist Sache eines Weisen zu erkennen, dass ein Mensch nicht glücklich ist,
ohne Güter des Geistes; dass Reichtum und Ehren ihn weder glücklicher noch
größer noch besser machen.
Antronius:
Die Menschen werden nicht glücklicher durch deine Weisheit. Welche ich nicht
gutheiße. Besser und angenehmer ist jagen oder Würfel spielen. Am besten
jedoch und angenehmsten ist es bei Gastmählern zu sein, Wein zu trinken,
Gespräche zwischen Freunden zu haben.
Magdalia:
Was aber, wenn es mir angenehmer ist einen guten Autor zu lesen, als dir zu
jagen, als viel Wein zu trinken oder mit den Würfeln zu spielen? Werde ich dir
etwa nicht angenehm zu leben erscheinen?
Antronius:
So jedoch würde ich nicht leben. Dieses Leben scheint mir sogar am elendigsten
zu sein. - Ich jedenfalls billige nicht, dass meine Mönche Bücher lesen.
Magdalia:
Warum billigst du dies nicht?
Antronius:
Je gebildeter, desto frecher sind sie: Sie hören nicht auf, mit Wörtern zu
streiten. Ich will jedenfalls nicht, dass jemand meiner Leute gebildeter ist,
als ich.
Magdalia:
-
Antronius:
Ich sehe da aber auch lateinische Bücher! Es ist selten, dass Frauen Latein
können. Diese Sprache gehört sich für Frauen am wenigsten.
Magdalia:
Warum?
Antronius:
Die lateinischen Dichter verkünden immer laut die Liebe, sie beseitigen den
Scham, sie verachten die Götter. Dadurch geschieht, dass Frauen nicht mehr
gehorchen und ihre Pflichten sehr leicht vergessen. Sie vernachlässigen die
Ehemänner, die Kinder und die häusliche Sache. Vertrauter Umgang mit
lateinischen Büchern bringt Wahnsinn hervor. Denn diese Bücher nehmen den
Frauen viel Verstand weg - und ihnen ist schon zu wenig übrig.
Magdalia:
Ich weiß nicht, wieviel Vernunft euch übrig bleibt, aber ich werde fortfahren
meinen Verstand zu benutzen, auch wenn er gering ist: Ich möchte lieber
unvernünftig als dumm sein.
Lektion
33, Text 1
Angst im Lager am Rhein
Lucius: Du Marcus, bist ein
Überlebender jener Niederlage, die uns Arminius Im Teutoburgerwald zugefügt
hat. Sag, fürchtest du etwa nicht, dass Arminius den Unsrigen wieder Fallen
bereitet hat? Das Heer ist mit dem Führer Germanicus schon mehr als zwei
Monate abwesend. Nachrichten kommen selten.
Marcus: Das ist kein Grund
zum Fürchten, Lucius. Germanicus wird vorsichtiger sein als Verus, er wird
nicht in die Fallen hinein laufen. Ein Mann, erfahren im Kämpfen, Legat
Caecinus wird die Legion unversehrt über den Rhein zurückführen.
Lucius: Es gibt das Gerücht,
dass der Herrscher das Heer sogar in jene traurige Orte von Veruse Niederlage
geführt hatte, um die Seelen der dort getöteten zufrieden zu stellen.
Marcus: Ich heiße es nicht
gut, dass Germanicus so gehandelt hat. Der Ort, der mit Gebeinen übersät und
mit so viel Blut der Römer getränkt ist, ist verflucht. Die Soldaten werden
bei diesem Anblick nicht kühner beim Kampf werden!
Lucius: Siehe Aggripina, die
Frau des Feldherrn. Dort geht sie durch das Lager, durch freundliches Sprechen
stärkt sie den Mut der Soldaten, denn sie weiß, dass diese sich um den
Feldherrn und die Kameraden fürchten. Sie ist die Mutter des Lagers.
– Wenn doch nur der Feldherr
mit dem Heer unversehrt zurückkehren würde.
Am folgenden Tage breitet
sich das Gerücht, durch die Botschaft der Ubier, immer weiter aus, dass der
Feldherr mit seinem Herr in den Sümpfen umzingelt worden war. Durch gehen
wuchs das Gerücht von Tag zu Tag. Schließlich wurde im Lager erzählt, dass die
Germanen, nachdem sie vier Legionen zerstört hatten, mit einem feindlichen
Heer nach dem Rhein strebten. Die Soldaten liefen zusammen, um die über den
Rhein gebaute Brücke zu zerstören, weil die Furcht vor den Germanen sie
bewegte.
Lektion 33, Text 2
Agrippina greift ein
Dann stellte sich Agrippina,
während sie ihre vor kurzem geborene Tochter auf dem Arm hielt, mitten auf der
Brücke auf, und sprach die Soldaten, die dabei waren die Brücke zu zerstören,
so an:
"Welche schändliche Furcht
drang in eure Herzen ein, Soldaten, dass ihr beabsichtigt, durch das Zerstören
dieser Brücke, ihnen den einzigen Rückweg abzuschneiden, weil ihr den
Feldherrn und seine Kameraden vergessen habt. Ich jedenfalls werde mit meiner
Tochter nicht von der Brücke weichen.
Verratet also euren
Feldherrn!
Verratet die Kameraden und
den Adler!
Versenkt die Frau des
Feldherrn in dem reißenden Fluss, zu eurer ewigen Schande."
Nachdem die Soldaten die
zornigen Worte der Frau gehört hatten, ließen sie von ihrem Versuch ab, weil
sie von Scham bewegt waren. Und wenige Tage später kehrten Germanicus und sein
Heer zurück.
Viele Jahre später gründete
deren Tochter Agrippina, dann die Ehefrau des Kaisers Claudius, an diesem Ort,
wo sie geboren worden war, die Stadt Colonia Agrippinensis.
Lektion 34, Text 1
Symmachus grüßt Ausonius
Du willst einen längeren
Brief von mir erhalten, Ausonius. Dies ist sicher ein Anzeichen wahrer
Freundschaft unter uns. Aber ich will lieber kurz antworten, weil ich mir
meines Talentes und meiner armen Redekunst bewusst bin. Es ist nicht
erstaunlich, denn es geschieht durch deine Schuld, wenn meine Beredsamkeit
nicht gestärkt ist. Schon lange wolltest du mich nämlich durch irgendeines
deiner Werke erfreuen. Dein Buch "Mosella", das du durch göttliche Verse
geschaffen hast, fliegt nun durch Hand und Geist vieler Menschen Zu mir jedoch
wollte es nicht fliegen.
Warum wolltest du mich an
diesem Buch nicht teilhaben lassen. Das ist jedenfalls eine Ungerechtigkeit.
Entweder schien ich dir zu wenig gebildet zu sein, dass ich es nicht
beurteilen könnte, oder gewiss boshaft, dass ich es nicht loben wolle. Aber
ich habe gute Sitten, dass ich lieber verschweigen will, was ich meine.
Ich gelangte dennoch zu dem
Geheimnis jenes deines Werkes und verzeihe dir. Die Bewunderung für Mosella
beseitigt das Gefühl von Ungerechtigkeit.
Ich würde dir nicht glauben,
wenn du so großes und schönes über die Mosel erzählst, wenn ich nicht wüsste,
dass du niemals, nicht einmal in deinen Gedichten, lügst.
Ich füge dein Gedicht den
Büchern der berühmtesten Dichter hinzu.
Leb wohl!
Lektion 34, Text 2
Ausonius grüßt Symmachus
Wenn du mir doch verzeihen
würdest, Liebster Symmachus, dass ich dir mein Buch Mosella noch nicht
geschickt habe! Verurteile den befreundeten Dichter nicht wegen dieser
Verzögerung! Denn der Dichter, weil er ja will, dass sein Werk möglichst gut
ist, ist gewohnt, die noch nicht vollendeten Geschichten zurück zu halten und
sie nicht einmal den besten Freunden zu schicken, damit sie gelesen, beurteilt
und gelobt werden. Oder willst du lieber, dass ich schlechte und lächerliche
Verse verfasse, als gut zusammengestellte.
Nun jedoch fliegt die
Mosella ohne Verzögerung in deine Hände: Meine Verse wollen von dir gelesen,
beurteilt und gelobt werden.
Lebe wohl!
Alamannensturm an Rhein
und Mainz
Nach der Schlacht bei
Strassburg befahl der Kaiser, dass die Körper aller Toten gesammelt werden,
denn die Körper mussten gesammelt werden, damit die Vögel die nicht verzehren.
Dann kehrte er nach Saverne zurück. Er hat befohlen, dass von dort aus mit
allen Gefangenen die Beute zu den Mediomatriven geführt werden soll. Er selbst
hatte vor, nach Mainz zu streben, um den Rhein über die Brücke zu
überschreiten und danach die Barbaren im eigenem Gebiet anzugreifen.
Das Heer
jedoch leistete diesen Widerstand und hinderte ihn daran den Krieg zu
erneuern. Aber der Kaiser brachte mit Beredsamkeit und dem Ansehen den
Soldaten seinen Willen näher. So folgten die Soldaten ihrem Anführer, nachdem
sie von der Liebe zum Kaiser veranlasst worden sind, vor allem weil er selbst
immer mehr Arbeit auf sich nahm, als er den Soldaten auferlegte.
Der Rhein ist
auf der Brücke überschreiten worden um die Gebiete der Feinde zu besetzen und
zu verwüsten. Die Barbaren jedoch, die von der Menge der Truppen unterdrückt
und von der Niederlage bei Strassburg belehrt worden waren, was ihnen drohte,
schickten die Boten vor um den Frieden zu erbitten. Aber später, nach der
Wandlung des Willen, drohten sie durch andere Gesandten unseren einen heftigen
Krieg an, wenn die nicht deren Gebiet verlassen würden.
Aus diesem
Grund verteilte Caesar, über diese Dinge benachrichtigt, 800 Soldaten auf
schnelle und mittelgroße Schiffe. Diesen befahl er, dass sie den Main
hinauffahren und alles mit dem Wasser und Feuer verwüsten. Bei Tagesanbruch
sind die Soldaten geführt worden, um die Ufer zu besetzen, aber der Anführer,
nachdem er nichts Barbarisches gefunden hatte, erlaubte den Soldaten die
Dörfer der Feinde zu plündern und anzuzünden.
Die Germanen
sehen die Feuer aus der Nähe; eine Falle, die sie unseren an einer engen
Stelle gestellt haben, mussten sie zurücklassen; um ihr Hab und Gut zu retten
liefen sie schnell herbei. Unsere umzingelten die Barbaren von allen Seiten.
Diese, die hier von Reitern, da von Soldaten, die durch Schiffe
herantransportiert waren, erschreckt wurden, fanden trotzdem eine Gelegenheit
zu entkommen, weil sie die Gegend kannten. Daher sollten unsere diese Schande
auslöschen. Bei der Verfolgung des Gegners vernichteten sie die Landhäuser,
das Vieh und das Getreide.
Endlich
erkannten die Germanen -von Furcht veranlasst -, dass sie Frieden schließen
mussten. Drei Könige von ihnen kamen zu dm Kaiser und schwörten, dass sie die
Verträge einhielten, ja sogar unseren Getreide zu liefern. Dies haben sie
versprochen. Treue vortäuschend und von Furcht gezwungen. Wenig später sogar
die Barbaren...
Lektion 36, Text 1
C. Plinius an den Kaiser
Traian
Ich bin es gewohnt alle
Dinge, an denen ich zweifele, dir zu berichten, mein Herr. Wer nämlich kann
meine Unwissenheit besser unterrichten? Mir wurde ein kleines Buch ohne Autor
vorgelegt, das die Namen vieler Christen enthielt. Ich glaube, dass diese,
welche leugneten, dass sie Christen seien oder gewesen seien, fortgeschickt
werden mussten, als sie die Götter angerufen hatten, dein Bild verehrt und
außerdem Christus beschimpft hatten. Es steht nämlich fest, dass diese, welche
in Wahrheit Christen sind, zu jenem nicht gezwungen werden können. Einige aber
behaupten, dass dieses ihre Schuld der ihr Irrtum gewesen sei, dass sie es
nämlich gewohnt seien, an einem festgesetzten Tag, kurz vor Tagesanbruch
zusammentreffen und Christus, wie einem Gott, ein Lied zu singen und sich mit
einem Eid/Sakrament nicht zu irgendwelchen Verbrechen zu verpflichten, sondern
keine Diebstähle, keine Raubzüge, keine Ehebrüche zu begehen, nicht die Treue
zu brechen.
Sie versicherte, dass sie,
nachdem diese Sachen durchgeführt worden seien, dass sie den Brauch gehabt
hätten, sich zu entfernen und wieder zusammenzukommen, um eine einfache Speise
zu sich zu nehmen. Ich glaubte, dass es notwendig sei, zwei Sklavinnen, sogar
durch Foltern, zu fragen, was die Wahrheit sei. Doch ich fand nichts als einen
sehr schlechten Aberglauben.
Deswegen fragte ich dich,
nachdem die Gerichtsverhandlung verschoben worden war, um Rat: Ich will
wissen, ob es mir erlaubt ist, dieser Verfahrensweise zu folgen:
Ich werde diese, die mir als
Christen gemeldet worden sein werden, fragen, ob sie Christen sind. Wenn sie
dieses verneinen, werde ich sie fortschicken. Wenn sie sich aber dazu
bekennen, Christen zu sein, werde ich sie ein zweites und ein drittes Mal
fragen, nachdem ich die Todesstrafe angedroht habe. Ich werde befehlen, diese,
die darauf beharren, hinzurichten. Denn was auch immer es sein wird, was sie
sagen, ihr Starrsinn wird sicher bestraft werden müssen.
Lektion 36, Text 2
Traian an Plinius Secundus
Es ist dir erlaubt, die Art
zu handeln, die du schon gebraucht hast, mein Secundus, in den gerichtlichen
Untersuchungen derer, die dir als Christen gemeldet worden sein werden, zu
befolgen. Sie dürfen nicht aufgespürt werden. Aber wenn irgendeiner gemeldet
und überführt wird, wird er bestraft werden müssen. Welcher verneint, dass er
ein Christ ist, und dieses durch die Sache selbst offensichtlich macht, wird
Verzeihung aus Reue erlangen. Die kleinen Bücher jedoch, welche dir ohne Autor
vorgelegt werden, werden in keiner Anklage Berücksichtigung finden dürfen.
Denn es gibt ein sehr schlechtes Beispiel und ist nicht unserem Zeitalter
gemäß.
Lektion 37, Text 1
Christen vor Gericht
Unter dem zweiten Konsulat
des Praesens und dem des Condianus, am 16. Tage vor den Kalenden des August
(=17.Juli) wurden im Gerichtssaal in Karthago vorgeführt:
Speratus, Nartzalus,
Cittinus, Donata, Vestia, Secunda und die Übrigen.
Der Konsul Saturninus sagte:
"Ihr könnt die Nachsicht
unseres Herrn, des Kaisers erwerben, falls ihr zu einer guten Besinnung zurück
kehren könntet."
Speratus sagte:
"Niemals taten wir Böses,
wir verwendeten keine Mühe auf Unrecht, niemals schimpften wir, aber obwohl
man uns schlecht behandelte, bedankten wir uns, auch achten wir unseren
Kaiser." Der Statthalter Saturninus sagte:
"Wir sind sowohl
gottesfürchtig als dass unser Glaube auch einfach ist.
Auch schwören wir beim Geist
unseres Herrn, des Kaisers, sowohl beten wir für sein Wohl, was auch ihr tun
solltet."
Speratus sagte:
"Wenn du mir ruhig zuhörst,
sage ich dir das Geheimnis unserer Einfachheit."
Der Stadthalter Saturninus
sagte:
"Ich werde keinesfalls
zuhören, wenn du schlechtes unsere Heiligtümer redest, aber schwöre vielmehr
auf den Geist unseres Herrn, des Kaisers."
Speratus sagte:
"Ich halte die Herrschaft
dieses ganzen Zeitalters nicht für wichtig. Aber ich diene allein jenem Gott,
den niemand von den Menschen gesehen hat und auch nicht mit seinen Augen sehen
kann. Ich habe kein Verbrechen begangen, ich zahle ja sogar Steuern, wenn ich
etwas kaufe."
Der Stadthalter Saturninus
sagte zu den übrigen:
"Hört auf zu dieser Sekte zu
gehören."
Cittinus sagte:
"Wir haben keinen anderen,
den wir fürchten, außer den Herrn unseren Gott, der im Himmel ist."
Donata sagte:
"Die Ehre sei dem Kaiser,
gleichsam wie (es) einem Kaiser (gebührt). Die Furcht jedoch sei allein Gott."
Vestia sagte:
"Ich bin ein Christin."
Secunda sagte:
"Das was ich bin, das selbst
will ich sein."
Der Stadthalter Saturninus
sagte zu Speratus:
"Beharrst du darauf ein
Christ zu sein?"
Speratus sagte:
"Ich bin Christ."
Und alle stimmten ihm zu.
Der Stadthalter Saturninus
sagte:
"Wollt ihr etwa einen
Zeitraum bestimmen, um zu überlegen?"
Speratus sagte:
"In einer so gerechten Sache
gibt es keine Überlegung."
Der Stadthalter Saturninus
sagte:
"Welche Sachen sind in eurem
Behälter?"
Speratus sagte:
"Die Bücher und Briefe von
Paulus, einem gerechten Mann."
Der Statthalter Saturninus
sagte:
"Habt dreißig Tage Aufschub
und bedenkt."
Speratus sagte wieder:
"Ich bin Christ."
Und alle stimmten ihm zu.
Der Stadthalter Saturninus
las den Beschluss von der Tafel vor:
"Speratus, Nartzalus,
Cittinus, Donata, Vestia, Secunda und die übrigen haben gestanden, nach dem
Brauch der Christen zu leben. Da sie ja starrköpfig darauf beharrten, obwohl
ihnen die Möglichkeit angeboten worden war, zum Brauch der Römer
zurückzukehren, wird beschlossen, sie mit dem Schwert zu bestrafen."
Speratus sagte:
"Wir danken Gott."
Nartzalus sagte:
"Heute sind wie (als)
Märtyrer im Himmel. Dank sei Gott."
Saturninus der Stadthalter
befahl durch den Ausrufer zu sagen:
"Ich befehle S., N., C., V.,
F., A., L., I., G., V., D. und S. in den Tod zu führen."
Alle sagten:
"Dank sei Gott."
Und sofort wurden alle für
den Namen Christi enthauptet.
Amen.
Lektion 37, Text 2
Bericht des Prokonsuls
Saturninus der Statthalter
hat Rom benachrichtigt, dass einige, die sich dazu bekannt hätten, nach
christlichem Brauch zu leben, gefangen worden seien. Diese hätten sich
geweigert auf den Geist des Kaisers zu schwören. Diese hätten gesagt, dass sie
ganz allein ihren Gott fürchten. Er hätte diese gefragt, ob sie einen Zeitraum
zum Überlegen wollten, aber diese hätten keinen Aufschub gewollt. Obwohl ihnen
die Möglichkeit angeboten worden war, zum Brauch der Römer zurückzukehren,
hätten diese wiederum darauf beharrt, Christen zu sein. Außerdem hätten die
Christen den Behälter eines gewissen Paulus mit sich geführt, der frevelhaften
Aberglauben durch das Römische Reich verbreitet hatte. Daher hätte er
befohlen, diese Menschen für ihr Verbrechen (oder: diese verbrecherischen
Menschen) zu enthaupten.
Lektion 38
Karolus Magnus – Karl der
Große
I
Karl, der nach dem Tod
seines Bruders durch die Übereinstimmung aller zum König der Franken gewählt
wurde, hatte einen starken und größeren Körper und eine herausragende Gestalt,
welche dennoch nicht über das rechte Maß hinaus ging. Er hatte eine helle
Stimme, welche aber weniger zur Form seines Körpers passte. Er war von einer
guten Gesundheit, außer dass er, bevor er starb, häufig von Fieberanfällen
gepackt wurde. Und dann jedenfalls handelte er mehr nach seinem eigenen
Willen, als nach dem Rat der Ärzte, die er beinahe hasste, weil sie ihm
rieten, gebratenes Fleisch in den Speisen weg zu lassen, an das er sich
gewöhnt hatte. Beim Essen und Trinken war er zurückhaltend, aber beim Trinken
war der König zurückhaltender, weil er die Trunkenheit bei jedem Menschen sehr
verabscheute. Während des Essens hörte er irgendeine Musik oder einen
Vorleser. Es wurden Geschichten von alten Taten gelesen.
II
Er hatte so große Sorge um
die Erziehung der Söhne und Töchter, sodass er niemals ohne sie selbst aß und
niemals ohne sie verreiste. Er wollte seine Töchter, obwohl sie äußerst schön
waren und von ihm sehr geliebt wurden, niemandem von den seinigen oder
auswärtigen in die Ehe geben, sondern er hielt alle bei sich in seinem Haus
bis zu seinem Tode zurück, weil er sagte, dass er ihre Gesellschaft nicht
entbehren könne.
III
Er war nicht nur mit der
Muttersprache zufrieden, er studierte auch Fremdsprachen. Unter diesen lernte
er so Latein, dass er es gewöhnt war in jener wie in der Muttersprache zu
reden, er konnte die griechische Sprache aber besser verstehen als sprechen.
Er pflegte die freien Künste mit sehr hohem Eifer. Er betete am meisten die
Lehrer dieser an, weil er ihnen die größte Ehre zu teil werden ließ. Er hatte
Alkuum, vom Volk der Briten, jedoch aus Sachsen, einen sehr gelehrten Mann,
als Lehrer, um bei ihm sowohl die Redekunst, als auch die Logik, aber vor
allem Astrologie zu lernen. Am meisten verwendete er auch Zeit und Arbeit auf
die Kunst des Rechnens. Er versuchte zu schreiben und pflegte darum die Tafeln
im Bett unter das Kopfkissen zu legen, um immer, wenn er Freizeit hatte, seine
Hand an das Bilden von Buchstaben zu gewöhnen, aber die Arbeit gelang nicht
recht, da sie zu spät begonnen wurde.
Lektion 39, Text 1
Von Größe und Aussehen des
neuen Germaniens
Donau und Rhein, welche
einst das Gebiet Germaniens einschlossen, fließen nun mitten durch die Felder
Germaniens. Die Region Belgien, die im ersten Jahrhundert vor Christus, wie
Caesar schrieb, der dritte Teil Galliens war, gehörte nun zum größten Teil,
durch Sprache und Bräuche zu Germanien. Ganz Raetien und Norichen und was auch
immer zwischen Donau und Alpen lag haben die Germanen, und es gibt keine
Alpen, deren dem Himmel benachbarte Gipfel die Deutschen nicht besitzen
würden. Diese Überschritten in Richtung Osten nicht nur die Elbe, sondern auch
die Oder und die Weichsel.
Jeder weiß, dass das Gesicht
Germaniens nun schöner ist, als es einst war. Wir sehen überall bebaute Äcker,
Weinberge, Obstgärten, liebliche Landhäuser, in den Bergen gelegene Burgen und
mit Mauern befestigte Städte. Die glänzenden Städte, durch die große Flüsse
fließen, sind von beiden Ufern mit starken Brücken verbunden.
Lektion 39, Text 2
Von der Macht Germaniens
Die Macht der Germanen ist
in drei Teile geteilt. Denn die Kirchenfürsten, weltliche Landesfürsten und
freie Reichsstädte, wenn sie auch einen einzigen Kopf haben, den römischen
Kaiser, so leben sie dennoch jeder nach eigenem Willen. Unter den
Kirchenfürsten haben drei Erzbischöfe eine Stimme bei der Wahl des Kaisers:
Mainz, Trier und Köln. Mit diesen gibt es vier andere Kurfürsten von den
weltlichen Landesfürsten. Der erste unter ihnen ist der König der Böhmen, der
zweite ist der Pfalzgraf bei Rhein, der dritte der Anführer Sachsens und der
vierte der Markgraf von Brandenburg.
Die Reichsstädte, die man
freie nennt, werden allein dem Kaiser unterworfen, dessen Joch gleich der
Freiheit ist. Nicht fünfzig, nicht siebzig, sondern mehr als achtzig dieser
Reichsstädte genossen diese Freiheit.
Lektion 39, Text 3
Über die Sitten und Lehren
Über die Sitten und Lehren
muss einiges gesagt werden, damit ihr seht, dass das neue Germanien jenes
alte, das Tacitus lobte, übertrifft. Weder verletzt jemand einfach das Gesetz
bei euch, noch fehlt es euch an guten Gesetzen. Gäste werden mit freundlichem
Gesichtsausdruck empfangen, aber mit besserem Herzen. Sie leben zivilisiert
miteinander mit allen Volksstämmen.
Das Studium der Wissenschaft
und aller Künste blüht bei euch. Viele große Städte in Germanien haben auch
Schulen, in welchen sowohl das Rechts, als auch die Medizin, als auch die
freien Künste überliefert werden: Köln, Heidelberg, Prag, Erfurt, Leipzig,
Wien, Rostock. Wenn doch nur jemand von jenen alten aus dem Tode wieder
auferstehen würde, wie jener Ariovistus, der im 58. Jahr nach Christus in
Gallien mit Iulius Caesar gekämpft hatte, weswegen er ungeheuer große Truppen
aus Germanien führte. Wenn dieser unser Land und unsere blühenden Städte sehen
würde, wenn er die Bräuche der friedlichen Menschen sehen würde, er würde
verneinen, dass dies sein Vaterland sei.
Lektion 40, Text 1
Der Mensch und der
Fortschritt
Sogar die Denkweise, welche
wirtschaftlich genannt und mit dem Wort fortschrittlich verbunden ist wird in
den Zweifel gezogen.
Heute kann man wahrhaftig
besser erkennen, dass die reine Anhäufung von Gütern und Dienstleistungen,
wenn auch die Anhäufung die meisten Menschen begünstigt, nicht genug ist, um
das menschliche Glück zu verfolgen.
Und deswegen entreißt die
Möglichkeit über vielfältige wirkliche Güter zu verfügen, welche in diesen
Zeiten durch wissenschaftliche und technische Leute bewirkt haben, - nachdem
die eine Sache hinzugefügt wurde, welche Informatik genannt, - und die
Menschen nicht aus jeder Knechtherrschaft.
Im Gegenteil: Die Erfahrung
der letzten Jahre lehrt, dass Reichtum und Mächte, welche dem Menschen auf
einen Wink zur Verfügung stehen, sich gegen ihn wenden, um ihn zu
unterdrücken, wenn sie nicht mit dem sittlichen Urteil und durch das Streben
nach dem wahren Gut der Menschen regiert werden können.
Lektion 40, Text 2
Der Mensch und die
materiellen Güter
Der Mensch braucht ohne
Zweifel die Güter, die von der Industrie gemacht worden sind, welche durch
häufige Fortschritte vergrößert wird, der Wissenschaft und der Technik...
Die Gefahr des schlechten
Gebrauchs der Konsumgüter hingegen steht keinesfalls entgegen der
Wertschätzung und des Gebrauchs der neuen Güter und Mächte, welche zur
Verfügung stehen. Ja sogar müssen sie als Geschenk Gottes betrachtet werden.
Es ist notwendig, damit man
dennoch zum wahren Fortschritt der Menschheit gelangen kann, dass nicht jene
Teile des Verstandes vernachlässigt werden, in denen die eigentliche Natur des
Menschen besteht, den Gott selbstverständlich nach seiner Vorstellung und
seinem Ebenbild geschaffen hat. Die körperliche und geistige Natur besteht aus
zwei Grundstoffen: aus der Erde, aus welcher Gott den Körper des Menschen
formt und dazu der Geist des Lebens, welchen er ihm selbst einhaucht.